Der Anker der Seele (Hebräer 6, 11-20)

Foto von einem Anker
Der Anker der Seele (Hebräer 6, 11-20)
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Auf der iranischen Insel Kisch steht ein eindrucksvolles Wahrzeichen: ein gigantischer Schiffsanker. Mit einem Gewicht von etwa 130 Tonnen liegt er sinnbildlich für das, was ein Anker leisten soll: Festigkeit und Sicherheit, besonders in stürmischer See.

Seit jeher symbolisiert der Anker Treue, Verlässlichkeit und Verbundenheit – Merkmale, die auch in zwischenmenschlichen Beziehungen wie Freundschaft hoch geschätzt werden. Im Hebräerbrief, Kapitel 6, Vers 19, wird dieses kraftvolle Bild aufgegriffen:

„…die wir als einen sicheren und festen Anker der Seele haben, der auch in das Innere des Vorhangs hineingeht…“

Diese Worte laden uns ein, über eine Hoffnung nachzudenken, die uns Halt gibt – nicht äußerlich, sondern tief in unserer Seele. Der „Anker der Seele“ – ein Bild für Ermutigung, für göttliche Zuverlässigkeit inmitten der Unsicherheiten unseres Lebens.

Doch was genau meint dieser Anker? Warum brauchen wir ihn? Was macht ihn aus – und wie können wir ihn ganz praktisch in unserem Glaubensleben gebrauchen?

In drei Abschnitten wollen wir diesen Fragen nachgehen:

  1. Warum wir einen Anker dringend benötigen
  2. Was dieser Anker ist
  3. Wie wir diesen Anker gebrauchen können

1. Warum wir einen Anker dringend benötigen

Das grundsätzliche Anliegen des Schreibers im Hebräerbrief ist eine dringliche Aufforderung: Verliert nicht den Glauben an Gott und seine Verheißungen! Die Gläubigen werden ermahnt, an ihrer Hoffnung festzuhalten – bis zum Ende.

Der Hebräerbrief richtet sich wahrscheinlich an Judenchristen, die in der Gefahr standen, sich von Christus abzuwenden. Immer wieder warnt der Schreiber eindringlich davor, den Glauben aufzugeben, und zeigt gleichzeitig, wie viel besser Jesus ist – besser als:

  • die Engel,
  • Mose,
  • alle Hohepriester,
  • und sogar besser als alle früheren Opfer.

Er schreibt:

„Deswegen sollen wir umso mehr auf das achten, was wir gehört haben, damit wir nicht etwa abgleiten.“ (Hebräer 2:1)


„Gebt acht, Brüder, dass nicht etwa in jemand von euch ein böses Herz des Unglaubens sei in dem Abfallen von dem lebendigen Gott.“ (Hebräer 3:12)


„Lasst uns nun Fleiß anwenden, in jene Ruhe einzugehen, damit nicht jemand nach demselben Beispiel des Ungehorsams falle.“ (Hebräer 4:11)

Der Schreiber benutzt viele Beispiele aus dem Alten Testament – besonders aus dem Leben des Volkes Israel. Obwohl dieses Volk Gott kannte und er sich ihnen offenbart hatte, wandten sie sich immer wieder von ihm ab. Genau davor warnt der Brief: vor einem langsamen Abgleiten, einem schleichenden Rückzug aus der Beziehung zu Christus.

Darum die Betonung: Haltet die Zuversicht bis ans Ende fest!

Und auch heute gilt diese Warnung. Ich weiß nicht, wo du gerade stehst. Aber ich will dir zurufen: Wirf deine Zuversicht in Jesus Christus niemals weg!

Vielleicht siehst du Christus nicht mehr so klar wie früher. Vielleicht brauchst du – wie die Hebräer – eine neue, frische Präsentation von Jesus. Ich hoffe, diese Botschaft wird dich ermutigen, deine Hoffnung neu auf Christus zu setzen.

Oder vielleicht denkst du: Mir geht’s gut. Mein Glaube läuft. Ich bin weit davon entfernt, Jesus den Rücken zu kehren. Auch das war bei den Hebräern der Fall: Sie waren lange im Glauben und müssten eigentlich schon andere lehren können. Und doch:

„Denn obwohl ihr der Zeit nach Lehrer sein müsstet, habt ihr wieder nötig, dass man euch lehre, welches die Elemente des Anfangs der Aussprüche Gottes sind.“ (Hebräer 5:12)

Warum? Weil der Glaube kein Moment ist, sondern ein Weg – ein ganzer Lebenslauf.

Ein Sprichwort sagt: Am Ende der Jagd werden die Hasen gezählt.

Darum brauchen wir einen Anker, der bleibt. Einen Anker, der nicht nur heute hält, sondern bis ans Ende. Einen Anker, der uns auch in schweren Zeiten Halt gibt:

  • wenn starke Winde unser Lebensschiff erfassen,
  • wenn hohe Wellen gegen uns schlagen,
  • wenn wir fast kentern.

Dann brauchen wir einen Anker. Einen sicheren und festen Anker der Seele.

2. Was ist dieser Anker?

Nachdem der Schreiber des Hebräerbriefs gezeigt hat, warum wir einen Anker brauchen, erklärt er nun, was genau dieser Anker ist. Wir betrachten dazu Hebräer 6,11–20.

Zunächst äußert er seinen Wunsch:

„Wir wünschen aber sehr, dass jeder von euch denselben Fleiß beweise zur vollen Gewissheit der Hoffnung bis ans Ende, damit ihr nicht träge werdet, sondern Nachahmer derer, die durch Glauben und Ausharren die Verheißungen erben.“ (V.11–12)

Es ist kein willkürliches Ermahnen, sondern ein aufrichtiger Wunsch: Die Gläubigen sollen im Glauben wachsen und dranbleiben. Um das zu unterstreichen, greift der Schreiber das bekannte Beispiel Abrahams auf – ein Mann des Glaubens.

„Denn als Gott dem Abraham die Verheißung gab, schwor er, weil er bei keinem Größeren zu schwören hatte, bei sich selbst und sprach: Wahrlich, reichlich werde ich dich segnen, und sehr werde ich dich mehren.“ (V.13–14)

Dieser Schwur steht im Zusammenhang mit der Geschichte in 1. Mose 22, wo Abraham bereit war, seinen Sohn Isaak zu opfern. Es war keine leichte Lebensphase, sondern eine Zeit der Prüfung. Doch genau da bekräftigt Gott seine Verheißung mit einem Eid. Schon in 1. Mose 15 hatte er Abraham seine Zusage gegeben – jetzt schwört er bei sich selbst.

Warum? Das erklärt der Hebräerbrief selbst:

„Wenn Menschen schwören, tun sie das bei einem Größeren. Ihr
Eid bekräftigt die Aussage und beseitigt jeden Widerspruch. So
hat auch Gott sich mit einem Eid für seine Zusage verbürgt, denn
er wollte den Erben dieses Versprechens die feste Gewissheit
geben, dass er seine Zusage wirklich einlöst. Zwar ist es
sowieso unmöglich, dass Gott lügen kann, doch hier wollte er sich
in doppelter Weise festlegen: ‹durch die Zusage und den Eid›, die
beide unumstößlich sind. (V.16–18)

Gott wollte zeigen, dass sein Ratschluss unumstößlich ist – und deshalb hat er sich selbst verbürgt. Damit wir, die wir Zuflucht zu ihm genommen haben, einen starken Trost haben.

Zwei Dinge sind also unwandelbar: Gottes Zusage und Gottes Eid. Beides zusammen gibt uns Gewissheit. Und daraus ergibt sich dieser feste Anker:

„…die wir als einen sicheren und festen Anker der Seele haben, der auch in das Innere des Vorhangs hineingeht, wohin Jesus als Vorläufer für uns hineingegangen ist, der Hoherpriester geworden ist in Ewigkeit nach der Ordnung Melchisedeks.“ (V.19–20)

Dieser Anker ist die Hoffnung, die auf Gottes Zusagen gegründet ist – eine Hoffnung, die uns bis in das Innerste des Himmels hinein sichert.

Gott möchte, dass du weißt: Er hält, was er verspricht.
Diese Hoffnung ist nicht vage oder unsicher – sie ist durch Jesus Christus verankert im Allerheiligsten, im Inneren des Vorhangs. Und darum ist sie sicher und fest – ein Anker der Seele.

Vielleicht hast du Zweifel an deinem Heil. Vielleicht fragst du dich, ob du wirklich gerettet bist. Ich kann dir diese Frage nicht beantworten – es steht mir nicht zu, dir die Rettung zuzusprechen. Aber ich kann dir etwas anderes mit voller Gewissheit sagen: Gott möchte, dass du weißt, dass seine Verheißungen gelten.

Er hat gesprochen, und er steht zu seinem Wort. Wenn Gott etwas zusagt, dann bleibt es bestehen – unabhängig von unseren Gefühlen, Schwächen oder Schwankungen. Genau darum ist diese Hoffnung ein Anker der Seele: nicht, weil wir so stark glauben, sondern weil Gott so treu ist.

Und was sind nun diese Verheißungen?

„Denn so sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verlorengeht, sondern ewiges Leben hat.“
(Johannes 3,16)
➡ Das ist seine Verheißung.

„Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt; und jeder, der lebt und an mich glaubt, wird in Ewigkeit nicht sterben.“
(Johannes 11,25–26)
➡ Das ist seine Verheißung.

„Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater als nur durch mich.“
(Johannes 14,6)
➡ Auch das ist seine Verheißung.

Diese Zusagen Gottes dürfen wir festhalten. Auf sie dürfen wir unsere Hoffnung gründen – nicht auf unsere Leistung, sondern auf seine Treue. Und das ist unser Weg in der Nachfolge: dass wir uns Tag für Tag neu auf Gottes Wort stützen.

Denn wer sich an seinen Zusagen festhält, hat einen Anker – einen sicheren und festen Halt, der auch in den Himmel reicht.

3. Wie gebrauche ich diesen Anker?

In Hebräer 6,19 lesen wir:

„…die wir als einen sicheren und festen Anker der Seele haben, der auch in das Innere des Vorhangs hineingeht…“

Hier wird der Anker als Bild für die Hoffnung gebraucht. Und diese Hoffnung wird auf bemerkenswerte Weise beschrieben:

  1. Es ist eine Hoffnung, die noch vor uns liegt
  2. Eine Hoffnung, die in das Innere des Vorhangs hineingeht
  3. Und doch eine Hoffnung, die wir schon ergriffen haben

Wie kann das sein? Wie kann man eine Hoffnung, die noch in der Zukunft liegt, schon jetzt besitzen? Wie kann sie ein fester Anker sein, obwohl wir ihr Ziel noch nicht sehen?

Um das zu verstehen, hilft uns Hebräer 11,1:

„Der Glaube aber ist eine Verwirklichung dessen, was man hofft, eine Überzeugung von Dingen, die man nicht sieht.“

Durch den Glauben ergreifen wir diese Hoffnung.
Glaube ist nicht bloß eine gedankliche Zustimmung, sondern ein sich Festhalten an einer Realität, die noch unsichtbar ist. Glaube bringt die zukünftige Hoffnung schon heute in unser Herz.

Diese Hoffnung – das ewige Leben mit Jesus Christus – sehen wir noch nicht. Aber wir glauben es.

  • Ein Leben ohne Sünde.
  • Ein Leben ohne Leid.
  • Ein Leben in voller Gerechtigkeit.

Das ist die Verheißung Gottes!

Und wie ein Kind im Mutterleib, das man zwar nicht sieht, aber dennoch da ist – so ist auch diese Hoffnung schon jetzt Realität im Leben des Glaubenden. Sie ist spürbar, tragend, gewiss.

„Denn in Hoffnung sind wir errettet worden. Eine Hoffnung aber, die gesehen wird, ist keine Hoffnung; denn was einer sieht, was hofft er es auch? Wenn wir aber das hoffen, was wir nicht sehen, so warten wir mit Ausharren.“
(Römer 8,24–25)

Und wie ergreifen wir diese Hoffnung ganz konkret?
Indem wir unser Vertrauen auf Jesus Christus setzen – auf ihn, der in das „Innere des Vorhangs“ hineingegangen ist, als unser Vorläufer. Dort, im Allerheiligsten, hat er den Weg zu Gott endgültig freigemacht.

Diese Hoffnung hat unmittelbar mit Jesus zu tun. Sie ist nicht losgelöst von ihm. Wenn du diese Hoffnung haben willst, musst du an ihn glauben – an das Evangelium:

  • Dass Jesus das Leben gelebt hat, das du und ich hätten leben sollen.
  • Dass er am Kreuz den Tod gestorben ist, den wir verdient hätten – wegen unserer Sünde.
  • Dass er auferstanden ist, damit wir leben können – heute und in Ewigkeit.

Wenn du das glaubst, dann verspricht dir die Bibel: Diese Hoffnung gehört dir. Alles, was Jesus verheißen hat, wird dir zuteil.

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