Der Stab von Mose spielt in der Auseinandersetzung zwischen Mose und dem Pharao, bzw. zwischen Jahwe und den ägyptischen Göttern eine entscheidende Rolle. Die Berufung von Mose, die 10 Plagen, der Exodus und der Beginn der Wüstenwanderung sind durchzogen vom Motiv des Stabes. Dieser Artikel soll anhand eines konkreten Beispiels zeigen, wie im Alten Testament polemische Theologie funktioniert. In der Exodusgeschichte hängen nämlich der Stab von Mose und die Polemik gegen ägyptische Götter eng miteinander zusammen.
Der Stab in Ägypten und der Bibel
Das hebräische Wort für „Stab“ ist matteh (מַטֶּה), aber der Stab wird in der Exodusgeschichte auch „Stab Gottes“ genannt (Ex 4,20; 17,9). Wahrscheinlich hat der Begriff matteh einen ägyptischen Ursprung, was gut dazu passt, dass er im Alten Testament überwiegend im Verhältnis von Israel zu den Ägyptern vorkommt.1 Der Begriff „Stab Gottes“ war bei den Ägyptern im Alten Vorderen Orient gut bekannt und wurde für die Zepter der Götter und der Pharaonen verwendet.2
Die Bedeutung des Stabes in Ägypten
Der Stab war im Alten Ägypten ein Symbol für Autorität, Kraft und Königtum. Die Pharaonen wurden meistens mit irgendeiner Art von Stab in den Händen dargestellt (Krummstab und Geisel). Bei der Krönung eines neuen Königs wurde ihm ein Stab als Symbol der Macht in die Hand gegeben. Aber der Stab war mehr als nur ein Zeichen von Autorität. Er beinhaltete auch die Kraft der Götter und hatte daher magische Bedeutung. Zum Beispiel wurde der Gott Osiris, mit dem sich übrigens auch die Pharaonen oft identifizierten, mit einem Stab dargestellt.3 Aber nicht nur Pharaonen, sondern auch ägyptische Zauberer besaßen Stäbe, die die Macht der Götter symbolisieren und beinhalten sollten.4
Der Stab in der Exodusgeschichte
Mose bekommt von Gott den Auftrag seinen Stab (bzw. „Gottes Stab“) mit nach Ägypten zu nehmen und mit ihm dort wunderbare Zeichen zu tun (Ex 4,17), um die Israeliten zu befreien. Als Mose und Aaron dann zum Pharao kommen, gibt es einen Showdown zwischen Mose und den Zauberkünstlern, beziehungsweise zwischen den Stäben von beiden Parteien. Aus beiden Stäben werden jeweils Schlangen; allerdings verschlingt die Schlange von Mose und Aaron die Schlangen der Zauberer (Ex 7,10-12). Diese Geschichte trieft nur so von Polemik gegen die ägyptischen Götter. Bereits vor Beginn der 10 Plagen wird deutlich, dass Jahwe stärker ist als die Götter der Ägypter. Sein Stab ist stärker als der Stab von Osiris, vom Pharao und von den ägyptischen Zauberern.
Aber auch nach dem Triumph über die Zauberer spielt der Stab bei der Befreiung der Israeliten eine zentrale Rolle. Mit dem Stab bringen Mose und Aaron zahlreiche Plagen über Ägypten, nämlich die Verwandlung von Wasser zu Blut, die Frösche, die Mücken, Donner und Hagel und die Heuschrecken (Ex 7,20; 8,1.13; 9,23; 10,13). Man kann allerdings davon ausgehen, dass der Stab auch bei den anderen Plagen eine entscheidende Rolle gespielt hat, obwohl er nicht ausdrücklich erwähnt wird. Bei zahlreichen Plagen wird nur gesagt, dass durch das Ausstrecken seiner Hände die Plagen kamen. Dass Mose dabei den Stab in der Hand hatte, ist wahrscheinlich (Ex 9,22-23; 10,22 u.a.).
Außerdem werden der Pharao und das ägyptische Heer endgültig besiegt, als Mose mit seinem Stab das Schilfmeer teilt (Ex 14,16), sodass die Israeliten fliehen können und die Ägypter ertrinken.
Der Stab von Mose und Aaron spielt in der Exodusgeschichte deswegen so eine große Rolle, weil mit ihm ägyptische Vorstellungen über Macht, Autorität, die Götter und den König verbunden waren. Jahwe zeigt den Ägyptern unmissverständlich, dass er die ultimative Macht besitzt und dass er sein Volk retten kann und wird.
Fußnoten: