Die Frage des Anstands braucht eine Theologie des Körpers

Anstand ist in der Gemeinde ein umstrittenes Thema. Einige Kirchen gehen so weit, eine bestimmte Kleidung vorzuschreiben, besonders für die Leitung und den Chor. Andere halten es für völlig belanglos und weigern sich, überhaupt etwas über angemessene Kleidung in der Gemeinde zu sagen. Dazwischen gibt es dann alle möglichen Abstufungen. Aber wie sollten wir darüber denken? Ist die Lösung eine Kleiderordnung? Wie schon mein Titel andeutet, vertrete ich im Folgenden die Ansicht, dass die Frage des Anstands eine bessere Theologie des Körpers erfordert.

„Gott hat viel über unsere Freiheit zu sagen, besonders darüber, wie deren Ausübung unsere Mitmenschen beeinflusst.“

Entscheidend ist: Das christliche Leben besteht nicht in der Last von „was man tun darf oder nicht tun darf“. Indem er ans Kreuz ging, starb Jesus, um uns Freiheit zu schenken. Darum konnte Paulus schreiben: „Alles ist mir erlaubt, aber nicht alles ist nützlich“ (1. Korinther 6:12). In gewisser Weise sind wir frei, alles zu tun, was wir wollen, was immer unsere erlösten Herzen begehren. Doch diese Freiheit ist nicht zur Sünde da, wie Paulus an anderer Stelle sagt (Römer 6:1, 15). Es gibt aber viele Fragen, die die Bibel nicht ausdrücklich als richtig oder falsch einstuft. In diesen Dingen sind wir frei. Dennoch hat Gott viel über unsere Haltung zu dieser Freiheit zu sagen, besonders darüber, wie ihre Ausübung unsere Mitmenschen beeinflusst.

Es gibt keine biblische Definition von Anstand oder angemessener Kleidung. Das bedeutet jedoch nicht, dass wir frei sind, zu tragen, was immer wir wollen. Und genau das möchte ich unter den folgenden vier Überschriften näher betrachten:

1. Dein Körper gehört nicht dir selbst

Unsere Existenz in dieser Welt ist kein Zufall. Sie geschieht nicht durch blindes Schicksal. Wie wir in 1. Mose lesen, hat Gott uns geschaffen. „Da machte Gott der HERR den Menschen aus Staub vom Erdboden und blies den Odem des Lebens in seine Nase. Und so wurde der Mensch ein lebendiges Wesen“ (1. Mose 2:7).  „Und Gott schuf den Menschen in seinem Bild, im Bild Gottes schuf er ihn; als Mann und Frau schuf er sie“ (1. Mose 1:27). Das ist für unser Nachdenken darüber, was wir anziehen, keineswegs belanglos. Tatsächlich war es nach dem Sündenfall von Adam und Eva Gott selbst, der kam, um ihre Scham zu bedecken (1. Mose 3:21). Welch ein Wunder, nicht wahr?

„Wir müssen uns bewusst sein, dass der Eigentümer unseres Körpers der Gott ist, der sie gemacht hat.“

Ohne ins Detail zu gehen, erinnert uns der Schöpfungsbericht daran, dass unser Körper Gott gehört. Er hat ihn gemacht. Deshalb sollte das, was wir anziehen, nicht einfach von den neuesten Trends bestimmt sein. Ebenso wenig geht es nur um unsere Wünsche und Begierden. Vielmehr müssen wir uns bewusst sein, dass der Eigentümer des Körpers der Gott ist, der sie geschaffen hat. Und wir werden ihm Rechenschaft darüber geben, was wir mit ihnen getan haben.

2. Gott hat dich um einen hohen Preis erkauft

Zusätzlich zum vorherigen Punkt versteht der Gläubige, dass Gott ihn um einen Preis erkauft hat – durch seinen Sohn (1. Korinther 6:20). Deshalb fährt Paulus fort und sagt, dass wir ihn mit unserem Körper verherrlichen sollen. Es ist Gott wichtig. Er wirkt nicht nur daran, unsere Seelen zu retten, sondern uns als Ganzes. Dazu gehören auch unsere Körper, die Gott um einen unendlichen und unvorstellbaren Preis erkauft hat. „Denn er hat den, der von keiner Sünde wusste, für uns zur Sünde gemacht“ (2. Korinther 5:21).

„Etwas Wertvolles sollte nicht einfach für jedermann verfügbar sein.“

So wie wir unsere Schätze im Tresor oder Safe aufbewahren – und unser Geld bei der Bank –, so sollten wir auch unseren Körper hochschätzen und bewahren. Wie lang oder kurz deine Kleidung ist, liegt bei dir. Das einzige angemessene Maß dafür ist, was es Gott gekostet hat, deinen Leib zu erkaufen. Etwas Wertvolles sollte nicht einfach für jedermann verfügbar sein.

3. Dein Körper ist ein Tempel des Herrn

Aufbauend auf den beiden vorherigen Punkten zeigt Gott dadurch, dass er in unserem Leib wohnen will, wie sehr er uns liebt. So schreibt Paulus: „Oder wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes ist, der in euch ist und den ihr von Gott habt, und dass ihr nicht euch selbst gehört?“ (1. Korinther 6:19). Hier stellt er eine rhetorische Frage und erinnert uns an das, was wir seit dem Tag unserer Annahme Jesu als Herrn und Retter wissen sollten: Er wohnt durch seinen Geist in uns. Unser Körper ist ein Tempel des Herrn.

„Was wir anzuziehen wählen, ist eine Entscheidung darüber, wie wir den Tempel Gottes schmücken.“

In mancher Hinsicht also, als Gläubige, was wir zu tragen wählen, ist eine Wahl darüber, wie wir den Tempel Gottes schmücken. Ein solcher Gedanke ist bemerkenswert, und möglicherweise auch mahnend, wenn wir Gottes Ermahnung gegen dass betrüben des Geistes betrachten (Epheser 4:30). Nochmals, wie und wo du die Grenzen ziehst, liegt bei dir. Dass wir sie ziehen müssen, ist klar. Weil wir lebendige Tempel des Allmächtigen sind, können wir unserer Kleidung gegenüber nicht gleichgültig sein.

4. So verherrlicht Gott mit eurem Körper 

„Alles kommt von ihm und besteht durch seine Kraft und ist zu seiner Herrlichkeit bestimmt. Alle Ehre sei ihm für immer“ (Römer 11:36). In diesem Vers begegnen wir dem ultimativen Grund, weshalb wir geschaffen und gerettet wurden: um Gott zu verherrlichen. Gott zu verherrlichen geht weit über das hinaus, was wir sagen, wie viel Geld wir geben und auf welche Weise wir dienen. Es umfasst alles. Das ganze Leben. Daher müssen wir unsere erneuerten Gedanken darauf anwenden, „zu prüfen, was der Wille Gottes ist, was gut und wohlgefällig und vollkommen ist“ (Römer 12:2). Und das kann nicht ausschließen, was wir tragen.

„Mit jedem Sonnenaufgang sind Christen eingeladen, der Welt das erfüllende Licht von Jesus Christus zu zeigen.“

Mit jedem Sonnenaufgang sind Christen eingeladen, der Welt das erfüllende Licht und die Liebe von Jesus Christus zu zeigen. „Also, ob ihr esst oder trinkt, und was auch immer ihr tragt, oder was auch immer ihr tut, tut alles zur Ehre Gottes“ (1. Korinther 10:31).

Es geht nicht einfach nur darum, was man trägt

Bevor wir wählen, was wir tragen, sollten wir fragen, ob dies unseren Gott verherrlichen wird. Bescheidenheit ist eine tiefgründige Weise, Christi Herrschaft in unserem Leben zu zeigen; und Liebe gegenüber anderen zu üben. Denn es ist eine der Möglichkeiten, wie Christen sich deutlich unterscheiden und anders sein können. Zusammenfassend hängt die angemessene Art, sich zu kleiden, davon ab, zu verstehen, dass unsere Körper Gott gehören; dass er sie zu großem Preis für sich selbst erkauft hat und sie zu Tempeln des Geistes gemacht hat; und alles, was wir in diesem Leben tun, kann zur Ehre Gottes beitragen oder ihr abträglich sein. Behalte das im Hinterkopf.


Dieser Beitrag erschien zuerst bei The Gospel Coalition. Übersetzung und Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung. Übersetzt von Daniel Ott. Mehr von The Gospel Coalition.

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