“Es ist Kraft, Kraft, wunderbare Kraft
in dem kostbaren Blute des Herrn”
Glückliche Erinnerungen kommen mir in den Sinn, wenn ich diese Worte höre. Wir sangen sie oft in der Kirche, als ich jung war, auf den Zehenspitzen hoch und runter wippend. Die besten Kirchengesänge im Süden waren Zehenwipper. Und mein Vater schien „Es ist Kraft in dem Blut“ am meisten zu lieben. Ich konnte erkennen, dass er bei diesem Lied lauter sang als sonst, und ich tat es ihm gleich. Ich glaube, die ganze Gemeinde sang mit mehr Begeisterung als gewöhnlich, aber ich konnte sie nicht gut hören, da wir beide unsere Stimmen zu diesem Lied anstrengten.
Christen aller Richtungen und Strömungen bestätigen, dass tatsächlich Kraft im Blut Jesu liegt. Wort- und Geist-geformte Seelen spüren das intuitiv, aber hast du jemals innegehalten, um zu fragen, wie? Ist das Blut magisch? Wenn das Blut Jesu Kraft hat, wie erklären wir dann diese Tatsache? Welche Wahrheiten wirken unter der Oberfläche, wenn wir, in Kurzform, diese wunderbare Kraft feiern?
Was macht das Blut?
Der neutestamentliche Brief an die Hebräer schlägt die Brücke vom alttestamentlichen Opfersystem (und seinem Blut) zum neuen Bund und zum einmaligen Opfer Jesu (Hebräer 9:7.12). Durch die ganze Bibel hindurch steht Blut für Leben (zum Beispiel 1. Mose 9:4), und das Vergießen von Blut stellt wiederum den Tod dar (3. Mose 17:11.14; 5. Mose 12:23). Da die gerechte Strafe für die menschliche Sünde gegen Gott der Tod ist (Römer 6:23), stand der Tod der zugelassenen Opfertiere durch die Darbringung ihres Blutes vorübergehend stellvertretend für den Tod des Sünders. Dennoch musste der Hohepriester Jahr für Jahr hinzutreten, „immer wieder“ (Hebräer 9:7; 9:25), weil „es unmöglich ist, dass das Blut von Stieren und Ziegen die Sünden wegnimmt“ (Hebräer 10:4). Die wiederholten Tieropfer verzögerten das Unvermeidliche und warteten auf die Erfüllung der Zeiten, die Gott bestimmen würde. Eines Tages musste eine endgültige Abrechnung für die Sünde erfolgen.
Christen glauben natürlich daran und feiern, dass diese Abrechnung nun in Christus und unter den Bedingungen eines neuen Bundes gekommen ist. Jesus „hat sich selbst hingegeben“ (Hebräer 9:14) durch das „ein für alle Mal“ Vergießen „seines eigenen Blutes“ (Hebräer 9:12) und vollendete damit das vorübergehende Bündnis, das zuvor bestand (den alten Bund), und setzte an seiner Stelle einen „ewigen Bund“ (Hebräer 13:20) ein, den wir den neuen Bund nennen.
Der Hebräerbrief hebt einige der spezifischen Vorzüge, die Christen durch das Blut Jesu genießen, hervor (Hebräer 10:19; 13:12), aber besonders der Apostel Paulus betont die mannigfaltige Gnade, die uns durch sein Blut zuteilwird. In gewissem Sinne können wir mit dem Blut Jesu jede göttliche Gnade verbinden, die uns zuteilwird, doch fünfmal stellt Paulus die Verbindung ausdrücklich her, indem er sowohl das Blut erwähnt als auch einen spezifischen Aspekt dessen, was Christus durch seinen Tod für uns erwirkt hat.
Versöhnung: Gottes gerechten Zorn abwenden
Römer 3:25 sagt, dass Jesus derjenige ist, den „Gott als Versöhnung durch sein Blut hingestellt hat, die im Glauben empfangen wird.“ Weil Gott gerecht ist, sind die Sünden seines Volkes kein kleines Hindernis. In seiner Güte und Gnade hat er sich entschieden, uns zu lieben, doch in seiner Gerechtigkeit kann er unsere Sünden, die Handlungen kosmischen Hochverrats, nicht einfach unter den Teppich des Universums kehren. So ersinnt er aus Liebe einen Weg, Gerechtigkeit zu erfüllen und dennoch mit Barmherzigkeit zu triumphieren.
Gott selbst, in der Person seines eigenen Sohnes, nimmt menschliches Fleisch und Blut an und bietet sich anstelle sündiger Menschen dar, um den gerechten Zorn Gottes zu empfangen und unsere Strafe mit seinem Tod zu bezahlen, nur damit wir leben können. Sein Blut, das für die opfernde Hingabe seines Lebens anstelle derer steht, die den Tod verdienen (und „durch den Glauben erlangt wird“), besänftigt seinen gerechten Zorn, wahrt die göttliche Gerechtigkeit und öffnet die Schleusen seiner Barmherzigkeit.
Rechtfertigung: Gottes vollständige Annahme gewähren
Römer 5:9 sagt: „Wir sind nun durch sein Blut gerechtfertigt worden.“ Gerechtfertigt ist Gerichtssprache. Die Anklage und die Verteidigung legen jeweils ihren Fall vor, und der Richter oder die Jury trifft eine Entscheidung: entweder gerecht oder verurteilt. Der Angeklagte ist entweder schuldig im Sinne der Anklage oder wird rechtmäßig vor dem Gesetz stehend für gerechtfertigt erklärt.
Der Grund, warum diejenigen, die durch Glauben mit Jesus verbunden sind, gerechtfertigt werden, liegt zum Teil in seinem stellvertretenden und opferbereiten Tod. Er vergoss freiwillig sein eigenes Blut nicht für seine eigenen Sünden (die er nicht hatte), sondern für unsere. Das Vergießen seines Blutes, um unsere Sünden zu bedecken, machte es möglich, dass wir an seiner Gerechtigkeit teilhaben, indem wir durch den Glauben mit ihm verbunden werden. Ohne sein Blut bliebe unsere Ungerechtigkeit ungelöst. Wir könnten am Endgericht nicht mit ihm vor seinem Vater stehen und das Urteil “Gerecht” empfangen.
Erlösung: Unsere wahre Freiheit erlangen
Epheser 1:7 sagt: „In ihm haben wir die Erlösung durch sein Blut, die Vergebung der Sünden.“ Erlösen bedeutet, jemanden zurückzukaufen oder die Freiheit eines in Knechtschaft befindlichen Menschen zu sichern. Wegen unserer Sünden befanden wir uns alle (oder befinden uns weiterhin) in geistlicher Gefangenschaft. Unsere Übertretungen von Gottes Gesetz bedeuten, dass wir seinen allmächtigen, gerechten Zorn verdienen. Aber in Christus, durch das Vergießen seines Blutes, das unsere Sünden vor Gott vergibt, erkauft er unsere Freiheit von Gerechtigkeit und von der Macht Satans. „Indem er uns alle unsere Sünden vergab und das Schuldregister, das gegen uns stand mit seinen Forderungen, tilgte“ (Kolosser 2:13–14), entwaffnete Jesus durch sein Selbstopfer am Kreuz „die Mächte und Gewalten und stellte sie öffentlich an den Pranger“ (Kolosser 2:15).
Die entscheidende Waffe, die die Dämonen gegen uns hatten, war unvergebene Sünde, aber als Jesus sein eigenes Blut an unserer Stelle vergoss, um unsere Sünden zu vergeben, befreite er uns aus der Gefangenschaft. Er löste uns aus der Hand Satans und aus dem Schuldregister sowie den gerechten Forderungen, die gegen uns standen.
Vergebung: Unsere beste Beziehung wiederherzustellen
Diese kostbaren Aspekte überschneiden sich natürlich. Wir haben bereits die Bedeutung der Vergebung gesehen, aber Epheser 2:13 stellt sie in den Vordergrund: „Jetzt aber in Christus Jesus seid ihr, die ihr einst fern wart, durch das Blut Christi nahegebracht worden.“ Im Kern dieses „Nahebringens“ steht die Wiederherstellung der Menschheit mit dem Göttlichen. Auf individueller Ebene ist es die Schaffung des persönlichen Zugangs zu Gott und der Beziehung mit Gott in Christus, die wir, in Sünde geboren, niemals selbst hätten sichern können. Auf kollektiver Ebene ist es die Wiederherstellung der Beziehung zu Gott in Christus, für die wir geschaffen wurden.
Unsere Sünde und Rebellion gegen Gott hat eine Distanz zwischen uns und ihm geschaffen. In seiner Gnade des alten Bundes näherte er sich seinem Bundesvolk Israel. Aber nun, im neuen Bund, nähert er sich nicht einem bestimmten ethnischen Volk, sondern allen, die seinen Sohn im Glauben annehmen, egal wer sie sind oder wie weit sie vor ihm geflohen sind. Tatsächlich trifft der Ausdruck „durch das Blut Christi nahegebracht“ den Kern dessen, was jedes dieser göttlichen Geschenke im Blut Jesu für uns bewirkt: Es bringt uns zu Gott. Es gibt wohl keine bessere Zusammenfassung dessen, was wir bisher über die Macht des Blutes Jesu gesehen haben, als 1. Petrus 3:18: „Denn auch Christus hat einmal für die Sünden gelitten, der Gerechte für die Ungerechten, damit er uns zu Gott bringe.“
Friedensstiftung: Frieden mit Gott selbst schließen
Schließlich wird der gottzentrierte Zweck der Wirkungen des Blutes Jesu in seiner Friedensstiftung zwischen Gott und seinem Volk bestätigt. In Christus versöhnt Gott sein Volk „mit sich selbst … und stiftete Frieden durch das Blut seines Kreuzes“ (Kolosser 1:19–20). Dass er sein Blut am Kreuz vergoss, war in jedem vorherigen Beispiel implizit, aber hier macht Paulus es deutlich. Es ist „das Blut seines Kreuzes“, das Frieden zwischen Gott und Mensch schafft. Er schuf Frieden mit einem Instrument vorsätzlicher und grausamer Folter und Hinrichtung.
Jesus vergoss sein Blut nicht zufällig. Dies war kein willkürlicher Tod. So tragisch er auch war, er war gewollt und freiwillig. Er wurde ungerecht hingerichtet, und sein Blut wurde am Kreuz mit Absicht vergossen, sowohl durch sündige Menschen als auch durch den heiligen Gott-Menschen. Sie nahmen sein Leben, und er gab es. Dabei trug er den gerechten Zorn Gottes, gewährte uns seine volle rechtliche Annahme, erkaufte unsere wahre Freiheit, stellte unsere wichtigste Beziehung wieder her und schuf Frieden für uns mit Gott selbst. So sicherte er, wie Paulus anderswo sagt, „die Gemeinde Gottes, die er durch sein eigenes Blut erworben hat“ (Apostelgeschichte 20:28).
Kostbares Blut
Wenn wir dem Blutpfad in den Briefen des Paulus folgen, beginnen wir ein Meer der Gnade in jener letzten Zeile des vertrauten Refrains zu sehen: „Es ist Kraft, Kraft, wunderbare Kraft in dem kostbaren Blute des Herrn.“ Kostbar, in der Tat.
Diese Verbindung von „kostbar“ mit dem Blut Jesu stammt vom Apostel Petrus:
„Ihr seid erlöst aus dem eitlen Wandel, der von euren Vätern überliefert war, nicht mit vergänglichen Dingen wie Silber oder Gold, sondern mit dem kostbaren Blut Christi, wie das eines makellosen und fehlerlosen Lammes.“ (1. Petrus 1:18–19)
Es ist passend, von seinem Blut zu singen und dabei all den Reichtum zu feiern, den es repräsentiert. Wenn wir in dieser letzten Zeile „kostbar“ hinzufügen, fügen wir nicht einfach zwei zusätzliche Silben hinzu, um den Rhythmus zum Lied zu bringen. Sein Blut ist uns wirklich kostbar. Unendlich wertvoll. Denn Christus selbst und Gott selbst in ihm sind uns kostbar, weil das Blut Christi, kostbarer als jedes andere Mittel, unsere tiefsten Sehnsüchte und Bedürfnisse in Gott erfüllt, nicht nur vorübergehend, sondern endgültig und für immer.
Dieser Beitrag erschien zuerst bei Desiring God. Übersetzung und Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung. Übersetzt von Ronny Käthler.
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