Mein Bibellesen fühlt sich trocken an – was kann ich tun?

Bibel

Beim Bibellesen geht es darum, mit Gottes kostbarem Wort auf eine tiefgehende, herzerweckende und lebensverändernde Weise in Berührung zu kommen. Doch genau das stellt eine Herausforderung dar: Wenn wir in unseren täglichen Rhythmus hineinkommen, stellen wir im Laufe der Zeit fest – selbst wenn wir über die kostbarsten Dinge des Universums lesen –, dass wir nichts empfinden. Unsere Herzen werden träge. Unsere geistlichen Empfindungen werden flach. Wie können wir also aus dieser geistlichen Trägheit ausbrechen und das Herz wieder neu für Gottes Wort entfachen?

Viele haben genau diese Frage gestellt – darunter auch ein anonymer Zuhörer, der Folgendes schreibt: „Pastor John, hallo und danke für diesen Podcast. Meine Frage ist: Was ist, wenn ich meine Bibel lese, aber in meinen Empfindungen nichts spüre, das mit dem Wert, der Kostbarkeit, der Schönheit und der Freude dessen übereinstimmt, was diese Worte eigentlich meiner Seele vermitteln sollen? Gibt es etwas, das ich tun kann, oder muss ich einfach abwarten, bis sich diese Erfahrung irgendwann von selbst einstellt?“

Ich freue mich sehr über diese Frage, weil ich in letzter Zeit viel darüber nachgedacht habe, während ich über einen Abschnitt im Buch der Sprüche nachgedacht habe. Ich glaube, dieser Abschnitt im Buch der Sprüche wurde vom inspirierten Schreiber genau dazu eingeführt, um diese Frage zu beantworten. Es handelt sich um Sprüche 22:17–24:22. Drück kurz auf Pause, wenn du deine Bibel holen möchtest, denn alles, was ich dazu sagen werde, stammt aus etwa drei Zeilen in Sprüche 22:17–18.

Also gut, jetzt hast du deine Bibel, und der Abschnitt reicht von Sprüche 22:17 bis Sprüche 24:22. Wenn du am Ende von Sprüche 22:20 nachsiehst, steht dort: „Ich habe dir dreißig Lebensweisheiten aufgeschrieben, lauter lehrreiche Ratschläge.“ Diese dreißig Lebensweisheiten finden sich in Sprüche 22:17–24:22 in einzelnen Gruppen. Manche Bibeln unterteilen diese Gruppen für dich. Jedes Mal, wenn ein neues Thema beginnt, folgt eine neue Weisheit – und es gibt dreißig davon in dieser Einheit.

Vers 17 ist der Beginn dieser Sprüche, und dort heißt es: „Neige dein Ohr und höre die Worte der Weisen.“ Diese Sprüche werden daher gewöhnlich „Worte der Weisen“ genannt. Das Entscheidende dabei ist, dass ich glaube, dass die ersten zwei oder vielleicht drei Verse dieses neuen Abschnitts mit den dreißig Lebensweisheiten genau dazu geschrieben wurden, um die Frage zu beantworten, die wir gerade gestellt bekommen haben – nämlich: Wie hört man diese Worte richtig, und wie empfindet man sie auf angemessene Weise?

Göttlich inspirierte Antwort

Lass mich nun die Verse 17 und 18 lesen: „Neige dein Ohr und höre die Worte der Weisen, und richte dein Herz auf meine Erkenntnis; denn es ist lieblich, wenn du sie in deinem Innern bewahrst, wenn sie allesamt bereit sind auf deinen Lippen.“ Also zwei Dinge.

Die erste Zeile lautet: „Neige dein Ohr und höre die Worte der Weisen.“ Offensichtlich liegt der Punkt hier darin: Es werden Worte gesprochen, und du sollst dich vorbeugen – im wahrsten Sinne des Wortes dein Ohr neigen. Was tun wir, wenn wir etwas nicht gut hören? Wir beugen uns ein wenig vor. Wir rücken näher heran.

Ebenso tun wir es auch mit unserer Aufmerksamkeit. Wenn du Worte liest oder hörst und die Worte einfach vorbeiziehen, sagt er: „Lass sie nicht vorbeiziehen. Lass kein einziges Wort vorbeigehen. Nimm die Worte sorgfältig, gewissenhaft und aufmerksam wahr, denn die Worte“ – nächster Satz – „werden Erkenntnis in deinem Denken formen.“ Der nächste Satz lautet: „und richte dein Herz auf meine Erkenntnis.“

Erkenntnis ist das, was sich im Verstand bildet. Es ist eine Vorstellung, eine Mitteilung von etwas Wertvollem, Kostbarem, Wichtigem oder Weisem, das er dir durch das Medium der Worte vermittelt – Worte, die dein Ohr erreichen, in dich hineingehen und Erkenntnis hervorbringen. Und dann – hier kommt es – sagt er: „Richte dein Herz auf meine Erkenntnis.“ Die Folge? „Es wird lieblich sein.“ Ich verstehe das so, dass das Herz das Organ der Lieblichkeit, der Freude ist.

Und genau das ist die Frage: Wie kann ich Freude empfinden – ein angemessenes Bewundern, Wertschätzen, Lieben, Annehmen, Genießen und Zufriedensein – an dem, was ich durch diese Worte wahrnehme? Und er sagt: „Der Weg dazu ist, dass du dein Herz darauf richtest.“

Jetzt möchte ich ein oder zwei Minuten darüber sprechen, was das bedeutet. Aber merke dir: Dieser Schreiber – dieser von Gott inspirierte Schreiber – beantwortet deine Frage. Gibt es etwas, das du tun kannst, um von einem bloßen Hinhören mit den Ohren und einem Erfassen mit dem Verstand zu einem Herzen zu gelangen, das die Lieblichkeit dessen erfährt, was in ihm ist? Gibt es etwas, das du tun kannst? Seine Antwort lautet: Ja. Und die Worte, die er gebraucht, sind diese: „Richte dein Herz auf das, was dein Ohr gehört hat und die Erkenntnis, die sich in deinem Denken bildet.“

Wie man auf das Herz einwirkt

Was bedeutet das nun? Ich habe hier, direkt vor mir auf dem Bildschirm, das Wort tā·šîṯ – das hebräische Verb für „richten“ oder „anwenden“. Der vollständige Ausdruck bedeutet „dein Herz richte“ oder wörtlich: „dein Herz setze“, „stelle“, „platziere“.

Also nimmst du dein Herz und legst es hinein – du platzierst es in das, was du mit deinen Augen gesehen oder mit deinen Ohren gehört hast. Du drückst sozusagen die „Nase deines Herzens“ in die Schönheit der Erkenntnis. Wenn dein Herz nichts empfindet, sagst du zu deinem Herzen: „Herz, wach auf!“ Und du ergreifst dein Herz, richtest es darauf, drängst es hinein, legst es in die Erkenntnis. Du wirkst auf dein Herz ein. Es gibt etwas, das du tun kannst.

Hier ist ein Vergleich: Stell dir vor, du möchtest ein Steak schmecken. Du hörst es draußen auf dem Grill brutzeln, also gehst du hinaus. Dann siehst du mit deinen Augen, wie das Steak auf dem Grill brutzelt. Wenn du nah genug herankommst, riecht deine Nase vielleicht das Steak auf dem Grill – aber in deinem Mund ist immer noch kein Geschmack von diesem Steak. Gibt es etwas, das du tun kannst?

Das ist die Frage. Das ist tatsächlich die entscheidende Frage. Gibt es etwas, das du tun kannst mit dem „Steak Gottes“, mit dem „Steak Christi“, mit dem „Steak des Heils“, mit dem „Steak des Wortes Gottes“, dem Wort des unendlichen Schöpfergottes? Gibt es etwas, das du tun kannst, um es zu schmecken? Du weißt, was die Antwort ist: Du nimmst ein Messer, schneidest ein Stück ab, legst es in deinen Mund, kaust und kaust. Dann schluckst du – und du schmeckst. Und du sagst zu deinem Herzen: „Iss, Herz. Iss, Herz.“

Diamanten verbergen sich im Offensichtlichen

Lass mich ein paar weitere Beispiele geben. Ich gehe zur Gemeinde. Es ist Oktober. Die Blätter an den Bäumen in meiner Nachbarschaft leuchten unglaublich hell in Gelb und Orange, und die Sonne scheint. Der Oktober ist milder als sonst, etwa fünfzehn Grad warm. Die Blätter flimmern im Licht – und es ist einfach atemberaubend schön.

Aber ich gehe zur Gemeinde, zu einem Gebetstreffen, und nehme nichts davon wahr. Meine Augen sehen es – und doch sehe ich es nicht. Was muss geschehen? Ich bleibe stehen. Gottes Gnade bringt mich dazu, anzuhalten. Dieser kleine Podcast hier bringt mich dazu, anzuhalten. Und dann schaust du hin – wirklich hin. Du beugst dich vor und sagst: „Herz, das ist Orange. Das ist Gelb. Sie waren grün, und jetzt sind sie orange, gelb und golden, und die Sonne lässt sie leuchten, und sie winken dir im Wind zu, und Gott versucht, deine Aufmerksamkeit zu wecken und dir zu sagen: ‚Die Herrlichkeit Gottes scheint hier. Sieh genau hin.‘“ Und du drückst die Nase deines Herzens ganz nah an den Baum.

Als ich vor einigen Tagen nach Hause kam, gab es zwei oder drei Nachmittage, die so überwältigend schön waren, dass ich aus dem Fenster sah und nur sagte: „Wow.“ Dann stand ich auf, ging die Treppe hinunter, stellte mich unter den Baum und blickte hinauf. Danach ging ich über die Straße und schaute zurück. Dann holte ich meine Kamera und versuchte, ein paar verschiedene Aufnahmen zu machen. Anschließend ging ich um das Haus herum, um zu sehen, wie es von dieser Seite aussieht. Das ist das Drängen des Herzens in das Gold der natürlichen Offenbarung.

Dasselbe tust du mit dem Wort Gottes. Dir wird ein Diamant angeboten. Du siehst den Diamanten – und doch siehst du ihn nicht wirklich. Also sagst du zu deinem Herzen: „Herz, geh um diesen Diamanten herum. Sieh ihn dir von dieser Seite an und dann von jener Seite.“

Das Reden mit dem Herzen als Reden mit Gott

Und wenn ein wiedergeborener Mensch Sprüche 22:17 liest – „Richte dein Herz auf diese Erkenntnis. Richte dein Herz. Richte dein Herz.“ – dann kann er gar nicht anders, als es in ein Gebet zu verwandeln. Wenn du zu deinem Herzen sprichst und sagst: „Komm schon, Herz, wach auf. Komm schon, Herz, sieh dir das an. Komm schon, Herz, fühl das. Das ist wunderschön. Wach auf, Herz“, dann betest du instinktiv. Du redest nicht nur mit deinem Herzen – obwohl du das tust, denn genau das sagt der Text: „Richte dein Herz darauf.“ Aber du betest zugleich: „Gott, Gott, hilf mir. Gott, öffne mir die Augen.“

Darum möchte ich dir vorschlagen: Auch wenn du das jetzt hörst und sagst: „Ich habe das versucht, aber es funktioniert nicht“, oder: „Ich weiß gar nicht, wovon du sprichst“ – darf ich dich bitten? Ich flehe dich an: Vielleicht bist du in diesem Bereich noch ein Anfänger und brauchst einfach Übung. Bitte gib nicht auf. Sage nicht, dass du unfähig bist, die Schönheit der Erkenntnis Gottes in der Bibel und die Erkenntnis seiner Wege zu empfinden. Dieser Text ist Gottes Wort an dich: „Richte dein Herz darauf.“


Dieser Beitrag erschien zuerst bei Desiring God. Übersetzung und Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung. Übersetzt von Lynn Wiebe.
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