Stolz wird dich töten. Für immer. Stolz ist die Sünde, die dich am ehesten davon abhalten wird, nach einem Retter zu rufen. Wer meint, gesund zu sein, wird keinen Arzt aufsuchen.
So gefährlich Stolz auch ist, so schwer ist er zu erkennen. Wenn es darum geht, unser eigenes Herz zu durchleuchten, haben gerade die, die am meisten von Stolz befallen sind, die größte Mühe, ihre Krankheit zu erkennen. Stolz trübt unseren Blick und lässt uns selbst durch eine verzerrte Brille sehen. Er malt selbst unsere hässlichste Sünde in schönen Farben und stellt sie als bewundernswert dar.
Wir können nicht einfach daraus schließen, dass wir keinen Stolz in uns haben, nur weil wir ihn nicht bewusst wahrnehmen. Gerade die bequemen Momente, in denen ich mich selbst dafür lobe, wie gut ich das Leben meistere, sollten mich alarmieren. Ich muss mich um christusähnliche Demut bemühen, mir bewusst machen, dass in meinem Fleisch nichts Gutes wohnt (vgl. Röm 7:18), und mein Herz nach verborgenem Stolz und seinen Symptomen absuchen.
In einem Essay über unbemerkten Stolz beschreibt Jonathan Edwards sieben heimtückische Symptome dieser Herzenskrankheit:
1. Fehler bei anderen finden
Stolz lässt uns das Böse in uns selbst ausblenden, aber auch das Gute, das Gott in anderen wirkt, übersehen. Wir filtern andere Menschen so, dass nur ihre Fehler in unserem Blickfeld hängen bleiben.
Wenn ich in einer Predigt sitze oder ein Bibelwort studiere, ist es der Stolz, der mich dazu verleitet, die Anwendung des Textes auf mein eigenes Herz zu überspringen – stattdessen formuliere ich im Kopf schon einen Blogbeitrag oder plane ein Gespräch mit jemandem, der „das wirklich mal hören müsste“.
Edwards schreibt:
„Der geistlich stolze Mensch zeigt seinen Stolz dadurch, dass er Fehler bei anderen Gläubigen findet. … Der wahrhaft demütige Christ hat so viel mit seinem eigenen Herzen zu tun und sieht so viel Böses in sich selbst, dass er sich nicht sonderlich um die Herzen anderer kümmert.“
2. Ein harter Geist
Wer von Stolz befallen ist, redet über die Sünden anderer mit Verachtung, Ärger, Frustration oder einem richtenden Ton. Stolz zeigt sich in unserem Herabsehen auf die Kämpfe anderer. Er versteckt sich in den spöttischen Bemerkungen über die „Verrücktheit“ unseres Ehepartners. Vielleicht ist er sogar in unseren Gebeten für Freunde verborgen – subtil oder weniger subtil durchdrungen von genervtem Unterton.
Edwards schreibt erneut:
„Christen, die doch alle nur Mit-Würmer sind, sollten einander mit wenigstens so viel Demut und Sanftmut begegnen, wie Christus ihnen selbst begegnet.“
3. Oberflächlichkeit
Wenn Stolz in unserem Herzen wohnt, sind wir weitaus mehr damit beschäftigt, wie andere uns wahrnehmen, als mit dem tatsächlichen Zustand unseres Herzens. Wir kämpfen gegen die Sünden, die unser öffentliches Ansehen gefährden, und schließen Frieden mit denen, die im Verborgenen bleiben. In den Bereichen der Heiligung, in denen wir sichtbare Rechenschaft haben, erzielen wir große Fortschritte – aber für die geistlichen Übungen, die im Verborgenen geschehen, zeigen wir wenig Interesse.
4. Verteidigungshaltung
Wer allein in der Gerechtigkeit Christi steht, hat einen festen Zufluchtsort – gegen die Angriffe von Menschen und Satan gleichermaßen. Wahre Demut lässt sich durch Kritik oder Zurechtweisung nicht aus dem Gleichgewicht bringen oder in eine defensive Haltung drängen. Sie bleibt vielmehr standhaft im Guten und vertraut ihre Seele dem treuen Schöpfer an.
Edwards schreibt:
„Je mehr die Welt sich gegen ihn stellt, desto stiller und ruhiger wird der demütige Christ – außer im Gebetskämmerlein; dort aber wird er nicht still bleiben.“
5. Anmaßung gegenüber Gott
Demut tritt mit einer demütigen Zuversicht in Jesus Christus vor Gott. Wenn entweder die Demut oder die Zuversicht in dieser Gleichung fehlen, ist unser Herz womöglich vom Stolz infiziert. Manche von uns mangelt es nicht an Kühnheit im Gebet, doch wenn wir nicht aufpassen, vergessen wir dabei leicht, dass Gott Gott ist.
Edwards schreibt:
„Manche haben sich in ihrer großen Freude vor Gott nicht genug an die Anweisung aus Psalm 2:11 gehalten: ‘Dient dem HERRN mit Ehrfurcht und jauchzt mit Zittern!’“
Andere unter uns verspüren gar keine Zuversicht im Gebet – was auf den ersten Blick wie Demut wirken mag, in Wahrheit jedoch eine andere Spielart des Stolzes ist. In solchen Momenten bezeugen wir, dass wir unsere Sünden für größer halten als Gottes Gnade. Wir zweifeln an der Kraft des Blutes Christi und bleiben bei uns selbst hängen, anstatt auf Christus zu blicken.
6. Aufmerksamkeitsdrang
Stolz ist hungrig – nach Aufmerksamkeit, Anerkennung und Ehre, in all ihren Formen.
Manchmal zeigt sich das in schamloser Selbstbeweihräucherung. Manchmal auch darin, dass wir unfähig sind, „Nein“ zu sagen, weil wir es brauchen, gebraucht zu werden. Vielleicht äußert es sich in einer fixierten Sehnsucht nach Ehe – oder in Tagträumen über eine bessere Ehe –, weil wir uns nach Anbetung sehnen. Vielleicht zeigt es sich auch in der rastlosen Jagd nach dem „richtigen“ Auto, dem „richtigen“ Haus oder dem angesehenen Titel im Beruf – alles getrieben vom Wunsch, die Ehre von Menschen zu erhalten statt von Gott.
7. Vernachlässigung anderer
Stolz bevorzugt bestimmte Menschen. Er ehrt die, die die Welt für ehrenwert hält, und misst ihren Worten, Wünschen und Bedürfnissen mehr Bedeutung zu. Es geht ein prickelndes Gefühl durch mich, wenn mich Menschen mit Einfluss oder Ansehen beachten. Und bewusst oder unbewusst übergehen wir die Schwachen, Unbequemen und Unscheinbaren – weil sie uns vermeintlich nichts zu bieten haben.
Vielleicht kämpfen mehr von uns mit Stolz, als wir dachten.
Aber es gibt eine gute Nachricht für Stolze: Das Eingeständnis von Stolz markiert den Anfang vom Ende des Stolzes. Es ist ein Zeichen, dass der geistliche Kampf bereits begonnen hat. Denn nur wenn der Geist Gottes wirkt und uns schon demütigt, sind wir überhaupt in der Lage, die Brille des Stolzes abzulegen, uns selbst klar zu sehen, die Krankheit zu erkennen – und nach Heilung zu suchen.
Durch Gottes Gnade dürfen wir neu auf das herrliche Evangelium blicken, auf dem wir stehen, und selbst im Erkennen unseres Stolzes lernen, Christus groß zu machen. So wie mein verborgener Stolz mich einst dem Tod näherbrachte, so führt mich heute das Eingeständnis meines Stolzes zum Leben – indem es mich tiefer an die Gerechtigkeit Christi klammern lässt.
„Erforsche mich, o Gott, und erkenne mein Herz! Prüfe mich und erkenne meine Gedanken! Und sieh, ob ein gottloser Weg bei mir ist, und leite mich auf dem ewigen Weg!“
(Psalm 139:23–24)
Dieser Beitrag erschien zuerst bei Desiring God. Übersetzung und Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung.
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