Umgang mit emotionalem und verbalem Missbrauch zu Hause

Interview mit John Piper

Am Freitag haben wir über den Unterschied zwischen unheiligem Zorn und heiligem Zorn gesprochen, und du, Pastor John, hast über Zorn als Ehe-Killer geredet. Heute schauen wir uns den Zorn und seine zerstörerische Kraft im eigenen Zuhause genauer an. Eine anonyme Frau, die den Podcast hört, hat uns eine ziemlich direkte Frage geschrieben. Hier ist sie:

„Pastor John, vielen Dank für die Jahre, in denen Sie so treu in diesen Podcast investiert haben. Über all diese Jahre glaube ich nicht, dass Sie jemals über emotionalen und verbalen Missbrauch zuhause gesprochen haben. Ab welchem Punkt rufen emotionale Ausbrüche eines Erwachsenen im eigenen Haus nach Gemeindezucht oder nach dem Eingreifen der Gemeindeleitung? Ich spreche von verbalen Herabwürdigungen gegenüber Kindern, von Schimpfwörtern und von lauter Sprache, die im Zorn genutzt werden, um eine Meinung im Haushalt mit Nachdruck durchzusetzen und das ganze in einem wiederkehrenden Muster. Ich möchte das auf einer allgemeinen Ebene halten, weil ich möchte, dass Sie allgemeine Ratschläge anbieten, die man nutzen kann.“

Es ist ziemlich offensichtlich, dass diese Frau die Beschreibung des Verhaltens, nach dem sie fragt, sorgfältig ausgearbeitet hat. Mit anderen Worten: Sie hat mich gebeten, Ratschläge zum Nachdenken anzubieten, aber ich denke, sie hat selbst schon eine bemerkenswerte Arbeit geleistet (und ich bin sicher, dass es Zeit gekostet hat), um diese Ratschläge selbst zu erarbeiten. Deshalb möchte ich zunächst ihren Schlüsselsatz noch einmal lesen, und ihr werdet genau sehen, was ich meine. Dann möchte ich einige Bibelstellen zitieren, die das, was sie beschreibt, in ein sehr ernstes Licht stellen. Schließlich möchte ich mit ein paar weiteren Aspekten schließen, an die sie vielleicht auch gedacht hat oder auch nicht, die ich aber ebenfalls für wichtig halte.

Gute Fragen

Hier ist der Satz, der die Art von Verhalten beschreibt, worauf ihre Frage abzielt. Sie sagt: „Ich spreche von verbalen Herabwürdigungen.“ (Ich werde nach jedem Schlüsselausdruck einen Kommentar machen, weil sie ihre Worte sehr sorgfältig gewählt hat. Ich werde sagen, was ich denke, was damit gemeint ist oder was ich damit meinen würde, und wovon ich glaube, dass sie es genauso meint.)

„Ich spreche von verbalen Herabwürdigungen“, sagt sie und das ist meiner Meinung nach das Gegenteil von Sprache, die aufbaut und Gnade schenkt. Sie fährt fort: „gegenüber Kindern.“ Ich würde hinzufügen: Gegenüber irgendjemandem wäre das schon ein Problem. Hier kommt die zusätzliche Dimension des langfristigen Schadens hinzu sowie der grausame Missbrauch von Macht.

Sie sagt weiter: „und Schimpfwörter.“ Ich füge hinzu: Das bringt die Dimension hässlicher und schmutziger Intensität hinein. Dann: „und erhobene Stimmen, die im Zorn benutzt werden.“ Ich füge hinzu: Das zeigt die Emotion und verstärkt den Eindruck von Furcht und Angriff. Sie sagt: „um zu zwingen.“ Ich füge hinzu: Das zeigt ein Gefühl von Nötigung anstelle von Überredung oder Überzeugung.

Dann: „um eine Meinung im Haushalt durchzusetzen.“ Ich interpretiere, dass es darauf hindeutet, dass es hier nicht einmal um gemeinsame Überzeugungen mit moralischem Gewicht geht, sondern um bloße Meinungen, die mit dieser massiven Intensität des Zorns, aufgezwungen werden.

Und schließlich: „in einem wiederkehrenden Muster.“ Das macht deutlich: Es handelt sich nicht um einen gelegentlichen Ausbruch, sondern um ein andauerndes und unbußfertiges Verhalten.

Gottes Urteil

Nun, das ist eine ziemlich sorgfältig ausgearbeitete Definition eines Verhaltensmusters, das verbaler Missbrauch oder emotionaler Missbrauch genannt werden kann. Ich für meinen Teil schätze diese Art von Sorgfalt bei der Erstellung einer Frage. Sie will eindeutig nicht, dass dies als gewöhnlicher oder kleinerer Konflikt behandelt oder abgetan wird, wie es hin und wieder in einer guten Ehe auftauchen könnte. Ich lehne diese Aufforderung nicht einfach ab und werde dieses Thema auch nicht so behandeln.

Der Grund ist der folgende Text. Also lassen Sie mich nur einige Verse lesen, und jeder einzelne Vers könnte mit den besonderen Punkten in Verbindung gebracht werden, die sie über das Verhalten des Ehepartners macht, der auf die beschriebene Art und Weise spricht und handelt.

“Jetzt aber legt auch ihr das alles ab — Zorn, Wut, Bosheit, Lästerung, hässliche Redensarten aus eurem Mund.” (Kolosser 3:8)

“Alle Bitterkeit und Wut und Zorn und Geschrei und Lästerung sei von euch weggetan samt aller Bosheit. Seid aber gegeneinander freundlich und barmherzig und vergebt einander, gleichwie auch Gott euch vergeben hat in Christus.” (Epheser 4:31–32)

 “Ihr Männer, liebt eure Frauen und seid nicht bitter gegen sie!” (Kolosser 3:19)

“Endlich aber seid alle gleich gesinnt, mitfühlend, voll brüderlicher Liebe, barmherzig, gütig! 9 Vergeltet nicht Böses mit Bösem oder Schmähung mit Schmähung, sondern im Gegenteil segnet, weil ihr wisst, dass ihr dazu berufen seid, Segen zu erben.” (1 Petrus 3:8-9)

“Ihr Männer, liebt eure Frauen, gleichwie auch der Christus die Gemeinde geliebt hat und sich selbst für sie hingegeben hat” (Epheser 5:25)

“Ebenso sind die Männer verpflichtet, ihre eigenen Frauen zu lieben wie ihre eigenen Leiber; wer seine Frau liebt, der liebt sich selbst. Denn niemand hat je sein eigenes Fleisch gehasst, sondern er nährt und pflegt es, gleichwie der Herr die Gemeinde. Denn wir sind Glieder seines Leibes, von seinem Fleisch und von seinem Gebein.” (Epheser 5:28-30)

“Kein schlechtes Wort soll aus eurem Mund kommen, sondern was gut ist zur Erbauung, wo es nötig ist, damit es den Hörern Gnade bringe.” (Epheser 4:29)

“Darum, obwohl ich in Christus volle Freiheit hätte, dir zu gebieten, was sich geziemt, so will ich doch, um der Liebe willen, vielmehr eine Bitte aussprechen, in dem Zustand, in dem ich bin, nämlich als der alte Paulus, und jetzt auch ein Gefangener Jesu Christi.” (Philemon 1:8-9

Ein ernstes Problem

Wir könnten natürlich weitermachen. Diese Verse markieren jede Passage ihrer Frage als ernsthafte geistliche, moralische Frage dar, egal ob sie von einem Ehemann oder einer Ehefrau kommt. Meine kurze Antwort ist also: Das Verhalten (wie sie es definiert hat und wie ich es interpretiere und es beleuchte) rechtfertigt, einen Ehepartner, sich an die Ältesten der Kirche zu wenden, um Hilfe zu erhalten. Dies könnte möglicherweise zur Disziplinierung (je nach Antwort des Ehemannes) und möglicherweise zum Ausschluss führen. Das ist eine ziemlich ernste Aussage zu dieser Frage.

Etwas, was ich noch hinzufügen möchte: Ich denke, dass es hilfreich sein könnte, darauf hinzuweisen (und ich bin sicher, dass sie das weiß, aber alle unsere Zuhörer denken vielleicht nicht in diesem Rahmen, und es ist ziemlich radikal, was ich sagen werde). In jeder christlichen Ehe sollte ein Netz von Beziehungen in der Kirche, in der Gemeinschaft und unter Freunden geben, die Korrekturen, Zurechtweisungen und heilende Beeinflussung ausüben können.

Unter den Christen kann das passieren. Es sollte ein Netzwerk von Beziehungen geben. Und ich weiß, dass es nicht viele gesunde Gemeinschaften und/oder so viele gesunde Kirchen gibt, wie wir es gerne hätten – das verstehe ich. Ich rede davon, was sein sollte und was ein junges Paar verfolgen sollte. Es sollte ein Netz von Beziehungen geben, das Korrektur und Zurechtweisungen und heilende Einflüsse ausüben sollte, bevor es die Notwendigkeit einer offiziellen Beteiligung der Ältesten gibt.

Das Neue Testament ist mit Befehlen an gewöhnliche Leute gefüllt, sich gegenseitig zu ermahnen, sich gegenseitig zu tadeln, sich gegenseitig zu korrigieren und regelmäßig füreinander zu beten. Es ist erstaunlich, wie viele Ehen schmerzhaft hinken, weil niemand dazu in der Lage ist. Das ist tragisch. Ich würde jedem jungen Paar sagen und ich weiß, dass es für viele Paare, die bereits in der dysfunktionalen Beziehung verschwunden sind, zu spät ist, dass sie dies nie ohne ein Wunder tun werden. Aber ich würde jedem jungen Paar von Anfang an sagen: Begebt euch in ein Netz von Beziehungen, eine kleine Gruppe, eine Gruppe von Freunden, die euch nahe genug ist, dass sie erfahren darf, wann Probleme in eurer Ehe auftreten.

Finde Personen denen du dich anvertrauen kannst

Ich würde sogar sagen, dass ein Mann und eine Frau die Erlaubnis des anderen erhalten sollten, ein oder zwei Personen zu haben, denen sie absolut alles teilen darf, was innerhalb der Ehe passiert. Nicht, dass sie immer alles teilen würde, sondern dass das Vertrauensniveau hoch genug ist, dass sie nach eigenem Ermessen diese Möglichkeit in Anspruch nehmen darf.

Zum Beispiel hatten meine Frau und ich vor einigen Jahren genug Probleme, dass wir das getan haben. Ich gab Noel die Erlaubnis, ein oder zwei anderen Frauen absolut alles über unsere Ehe zu sagen, ohne dass sie mich bloß gestellt hätte. Ich sagte: „Es wird kein Verrat sein. Ich gebe dir die Erlaubnis, ihr absolut alles zu sagen, und ich vertraue darauf, dass du dies nicht auf eine Weise tust, die schädlich ist.“

Das tat sie auch für mich. Noel hat mir die Erlaubnis gegeben, einem oder zwei anderen Männern absolut alles darüber zu sagen, was in unserem Haus vor sich geht, und sie vertraute mir, dass ich keine Dinge sagen würde, die zerstörerisch oder schädlich wären.

Mir wurde klar, dass dies ein enormes Maß an Vertrauen sowohl zwischen den Ehepartnern als auch gegenüber den Freunden und letztendlich auch gegenüber Gott erfordert. Es erfordert viel Mut von den Freunden, sich dann umzudrehen und den Ehemann oder die Ehefrau zur Rede zu stellen. Aber genau das ist die Art von Beziehungen, von der ich spreche. Wenn dann all diese Bemühungen der anderen Freunde nicht zu der hier angesprochenen Reue führen, erscheint die Einbeziehung der Ältesten keineswegs voreilig. Alle Dinge werden durch die Aussage von zwei oder drei Zeugen bestätigt werden.


Dieser Beitrag erschien zuerst bei Desiring God. Übersetzung und Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung.
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