Zwischen Glaube und Zweifel: Fünf Fragen an unseren Skeptizismus

Zwischen Glaube und Zweifel

Ich bin in einem Umfeld des Skeptizismus aufgewachsen, in einer Zeit des Hinterfragens, inmitten einer Kultur, die sarkastisches Spottreden dem ernsthaften Denken vorzog. Wir liebten einfache Parolen mehr als komplexe Überlegungen. Wir zeigten gern auf die Heuchelei religiöser Menschen, richteten den prüfenden Blick aber selten auf unsere eigenen Annahmen.

Dazu kam, dass ich in einer jüdischen Familie aufwuchs, die fest davon überzeugt war: „Juden glauben nicht an Jesus.“ Um es also vorsichtig zu sagen: Ich hatte viele Zweifel an dem christlichen Glauben, zu dem meine Freunde mich ermutigten. Schließlich war es schwer, einer Religion viel Glaubwürdigkeit zu schenken, die angeblich Deutschland prägte, während dort sechs Millionen meiner jüdischen Volksgenossen verbrannt wurden. Eine „christliche Nation“ meinte, sie habe die „endgültige Lösung“ für die Probleme der Welt gefunden: Leute wie mich loswerden.

Darum kann ich gut mit Zweiflern mitfühlen, die sich zum Christentum hingezogen fühlen, aber genügend Einwände haben, um auf Distanz zu bleiben. Wenn dich die Botschaft von Jesus anzieht, du aber an deinen Zweifeln festhängst, könnte es hilfreich sein, wenn ich erzähle, wie ich selbst einige meiner Zweifel überwunden habe.

Aus dem Absurden heraus

Wie schon erwähnt, gab es viele Faktoren, die mich davon abhielten, den christlichen Glauben anzunehmen. Neben dem bereits Genannten vertiefte ich mich zu Beginn meines Studiums mehrere Jahre lang in absurde Literatur und Komik. Ich mischte mir einen intellektuellen Cocktail aus Samuel Beckett, Kurt Vonnegut und Woody Allen – und fügte reichlich Alkohol hinzu. Das brachte viel Gelächter, noch mehr spöttisches Schmunzeln und das, was sich nach Spaß anfühlte. Doch es folgten auch Kater – und nicht nur die alkoholischen. Wenn der Rausch des Lachens verfliegt, hinterlässt der Absurdis­mus im Denken und im Herzen eine existentielle Leere.

Eingetaucht in Sinnlosigkeit suchte ich weiter nach etwas Transzendentem in der Welt der Musik. Ich besuchte Konzerte, übte, trat auf, hörte intensiv zu, in der Hoffnung, darin ein Tor zum Übernatürlichen oder Göttlichen zu finden. Doch jedes Stück, jedes Konzert, jede Erfahrung ließ mich enttäuscht zurück.

Ich erlebte jene chronische Enttäuschung, die C.S. Lewis in seinem Buch Pardon, ich bin Christ (engl. Mere Christianity) im Kapitel „Hoffnung“ beschreibt. Zwar hatte ich damals noch nichts von Lewis gelesen, aber mein Leben bestätigte die Wahrheit seiner Worte. Da selbst meine schönsten Erfahrungen unbefriedigend blieben, gab es im Grunde drei mögliche Reaktionen:

  1. Ich könnte einen gottlosen Hedonismus annehmen und weiter momentanen, berauschenden Freuden nachjagen.
  2. Ich könnte Zynismus annehmen und jede Hoffnung auf einen letztgültigen Sinn des Lebens aufgeben.
  3. Ich könnte die Möglichkeit annehmen, wie Lewis so treffend formuliert, dass „wenn ich in mir selbst ein Verlangen finde, das keine Erfahrung in dieser Welt zu stillen vermag, die wahrscheinlichste Erklärung ist, dass ich für eine andere Welt gemacht wurde“ (Mere Christianity, S. 136–137).

Da nur die dritte Möglichkeit mir Hoffnung gab, griff ich zu dem Neuen Testament, das mir Freunde Jahre zuvor geschenkt hatten. Darin begegnete ich Jesus als faszinierend, brillant, herausfordernd und verwandelnd. Zwar verschwanden meine Einwände und Zweifel nicht sofort, doch die Kraft von Jesu Leben und Botschaft begann sie zu überschatten. Er hat für mich den Ausschlag gegeben – und tut dies auch weiterhin.

„Wohin werden deine derzeitigen Überzeugungen dich führen – besonders am Ende deines irdischen Lebens?“

Ich begann auch, gezielt nach Antworten auf meine Fragen zu suchen und bestand darauf, die besten Argumente zu finden, die es gab. Manche dieser Lektüren waren im Vergleich zur Herrlichkeit des Matthäusevangeliums trocken, aber notwendig. Ich musste meine Zweifel über die Zuverlässigkeit der Bibel, die Historizität der Auferstehung, die Gültigkeit der neutestamentlichen Auslegung alttestamentlicher Prophetie und viele weitere zentrale Fragen ehrlich durchdenken. Schließlich aber erwiesen sich die Argumente für den christlichen Glauben als überzeugender als die Argumente dagegen.

Fünf Gruppen von Fragen

Während ich Antworten auf meine Fragen über den christlichen Glauben suchte, begann ich zugleich, meinen eigenen Skeptizismus zu hinterfragen. Anstatt nur den Glauben zu hinterfragen, begann ich, meine Zweifel zu bezweifeln. Dadurch wirkten die Fundamente meines Unglaubens zunehmend brüchig.

Wenn du dich in einer ähnlichen Situation befindest, fasziniert von Jesus, aber gebremst durch Fragen, möchte ich dich ermutigen, an deinen Zweifeln zu zweifeln und den Glauben an Christus mit offenem Herzen zu erkunden. Diese fünf Fragenbereiche könnten dir dabei helfen:

1. Was ist fest?

Wo stehst du auf der Skala zwischen „Ich weiß alles über das Christentum“ und „Ich weiß fast gar nichts“? Was akzeptierst du bereits am christlichen Glauben – und warum? Was überzeugt dich von seiner Plausibilität?

2. Was treibt umher?

Welche Teile der christlichen Botschaft bezweifelst du? Was hat diese Zweifel ausgelöst? Könnten neben rationalen Gründen auch andere Faktoren beteiligt sein? Diese Faktoren können Enttäuschung über unbeantwortete Gebete, Leid oder Katastrophen, die wie der letzte Tropfen wirkten, das heuchlerische Verhalten von Christen oder Christen, die sich wie Nicht-Christen verhalten sein. ?

3. Was braucht Aufmerksamkeit?

Wie stark sind eigentlich die Argumente für deine Zweifel? Hast du mit jemandem darüber gesprochen, der dir ehrliches Feedback geben kann, oder bewegst du dich in einem Echoraum des Skeptizismus? Hast du die besten Argumente für den christlichen Glauben geprüft – nicht nur die oberflächlichen, leicht widerlegbaren sogennanten „Verteidigungen“?

4. Was sind die Alternativen?

Hast du deinem eigenen Verstand mehr Vertrauen geschenkt als den zahlreichen Argumenten zugunsten des Glaubens? Könnte es sein, dass du einer chronologischen Überheblichkeit erlegen bist – also der Annahme, dass neuere Argumente automatisch besser sind als ältere, „traditionelle“ Perspektiven? Welche Überzeugungen bilden das Rückgrat deiner derzeitigen Weltsicht? Und wohin werden sie dich führen, besonders am Ende deines irdischen Lebens?
Erzeugt dein Skeptizismus Hoffnung, Sinn, Bedeutung und Stärke?

5. Was kommt als Nächstes?

Wie würde es aussehen, wenn du glauben würdest – oder zum Glauben zurückkehren würdest? Wie könnte das dein Leben verändern? Welche Fragen müsstest du noch klären? Mit wem könntest du deine Zweifel besprechen?

Unglaube überwinden

Zweifel tauchen bei mir auch heute noch gelegentlich auf – besonders, wenn ich von Naturkatastrophen höre oder die Heuchelei von Christen aufgedeckt wird. Doch die besten, bibeltreuen und durchdachten Antworten des christlichen Glaubens auf selbst die schmerzhaftesten Fragen überwiegen weiterhin meine Einwände. Ich schaudere bei dem Gedanken, wie mein Leben heute aussähe, hätte ich den Absurdis­mus, die Unmoral und die Maßlosigkeit nicht hinter mir gelassen. Ich bin immer noch voller Staunen darüber, dass Gott mit seiner Hoffnung, Liebe und Gnade eingegriffen hat.

Ich hoffe, du stellst dich deinen Zweifeln mit dem Besten, was der christliche Glaube zu bieten hat.
Bist du bereit, die Worte des Mannes zu wiederholen, der einst zu Jesus sagte:

„Ich glaube; hilf meinem Unglauben!“ (Mk 9:24)


Dieser Beitrag erschien zuerst bei Desiring God. Übersetzung und Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung.
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