Vier Schritte, um hartnäckige Sünden zu töten

Die Bibel stellt die Sünde als einen mächtigen, stets wachsamen Feind dar. Sünde betrügt (1. Mose 3:13), begehrt (1. Mose 4:7) und zerstört (1. Mose 6:7). Selbst die bereits vergebenen Sünden im Leben eines Christen sind noch aktiv: Sie führen Krieg (Römer 7:23), begehren (Galater 5:17), verleiten (Jakobus 1:14) und verstricken (Hebräer 12:1).

Viele Christen ringen mit „hartnäckigen Sünden“ – tief verwurzelten, anhaltenden und schwer abzulegenden Sünden, die uns immer wieder behindern, wenn wir Christus nachfolgen wollen. Manchmal kämpfen wir Jahrzehnte lang damit, erleben Rückfälle und Phasen der Verzweiflung. Die meisten gottesfürchtigen Christen, die echte Fortschritte in der Heiligung gemacht haben, können von Herzen singen: „Prone to wander, Lord, I feel it“ („Herr, ich spüre, wie ich zum Abirren neige“) oder sich Augustinus’ Klage anschließen: „Ich habe zu spät gelernt, dich zu lieben!“

Das Evangelium gibt uns Hoffnung, dass jede Sünde – selbst hartnäckige Sünden – sowohl vergeben als auch überwunden werden kann. Doch weil die Sünde so beharrlich und mächtig ist, müssen wir wachsam in unserem Kampf gegen sie bleiben. Wie John Owen treffend sagt: „Wenn die Sünde listig, wachsam, stark und unaufhörlich damit beschäftigt ist, unsere Seelen zu töten, und wir träge, nachlässig und töricht sind … können wir dann ein gutes Ende erwarten?“

Hier sind vier Strategien, die uns helfen können, in diesem Kampf wachsam zu bleiben – insbesondere im Umgang mit einer hartnäckigen, immer wiederkehrenden Sünde, die uns immer wieder zu Fall bringt und in ihrem Griff gefangen hält.

1. Hasse die Sünde.

Wir sind es gewohnt, das Evangelium zu nutzen, um die Schuld unserer Sünde zu lindern. Doch manchmal – besonders bei hartnäckigen, immer wiederkehrenden Sünden – sollten wir das Evangelium zunächst dazu nutzen, unser Schuldbewusstsein zu vertiefen. John Owen beschreibt diese Herausforderung eindrücklich:

„Bring deine Begierde zum Evangelium – nicht um Erleichterung zu finden, sondern um noch tiefer von ihrer Schuld überführt zu werden. Blicke auf den, den du durchbohrt hast, und sei in Bitterkeit. Sprich zu deiner Seele: ‚Was habe ich getan? Welche Liebe, welche Barmherzigkeit, welches Blut, welche Gnade habe ich verachtet und mit Füßen getreten! … Habe ich das Angesicht des himmlischen Vaters schauen dürfen, nur um ihn dann ins Angesicht zu reizen?‘“

Die Sünde wird erst dann an Macht verlieren, wenn wir lernen, sie zu hassen – nicht nur wegen ihrer Konsequenzen, sondern weil sie ein Angriff auf die Liebe und Gnade Gottes ist.

Wenn wir die Schwere unserer Sünde nicht empfinden, wenn uns ihr Gestank und ihre Abscheulichkeit nicht ergreifen, wenn wir sie mit oberflächlichen Aussagen über die Gnade leichtfertig abtun – dann werden wir kaum die notwendige Wachsamkeit aufbringen, um sie wirklich zu töten. Wahre Überwindung erfordert, dass wir über unsere Sünde richtig trauern.

Das gilt besonders für hartnäckige Sünden. Gerade diese Sünden stumpfen unser Gewissen oft ab, sodass wir bewusst daran arbeiten müssen, uns immer wieder durch das Evangelium neu sensibilisieren zu lassen. Wir sollten uns vor Augen führen:

  • Diese Ungeduld ist ein Teil dessen, was Christus am Kreuz tragen musste.
  • Dieser weltliche Ehrgeiz hätte mich in die Hölle geführt – wäre da nicht die Gnade Gottes.
  • Dieser anhaltende Groll betrübt den Heiligen Geist in mir.

Oft bedeutet das, dass wir innehalten und unser Herz wirklich untersuchen müssen. C.S. Lewis schreibt in Überrascht von Freude, dass „das sicherste Mittel, um den Zorn oder die Begierde zu entwaffnen, darin besteht, die Aufmerksamkeit von dem Mädchen oder der Beleidigung abzuwenden und stattdessen die Leidenschaft selbst zu betrachten.“

Hartnäckige Sünden können unsere bloße Verärgerung und unser mildes Missfallen überleben. Nur echter Hass auf die Sünde wird uns die Kraft geben, sie entschlossen zu bekämpfen.

2. Lass die Sünde verhungern.

In einem meiner Lieblingsfilme wird ein Mann mit Schizophrenie diagnostiziert und erfährt, dass einige seiner lebenslangen Freunde gar nicht real sind. Obwohl er ihre Gesellschaft vermisst, weiß er, dass er alle Illusionen auslöschen muss, um gesund zu werden. Also entscheidet er sich bewusst, sie zu ignorieren – er nennt es eine „Diät des Geistes“. Mit der Zeit verlieren die Wahnvorstellungen ihren Einfluss auf ihn. Selbst am Ende seines Lebens sieht er sie noch, doch sie haben keine Macht mehr über ihn.

Dasselbe Prinzip gilt im Kampf gegen die Sünde: Je mehr wir ihr nachgeben, desto fester nimmt sie uns in ihren Griff – auch wenn wir diese Kontrolle immer weniger wahrnehmen. Doch wie bei jeder Abhängigkeit oder wie bei einem wilden Tier gilt: Je weniger wir es füttern, desto schwächer wird es. „Widersteht dem Teufel, so flieht er von euch“ (Jakobus 4:7). Entscheide dich bewusst, deine sündigen Begierden nicht zu beachten – entziehe ihnen deine Zuneigung und Aufmerksamkeit, und sie verlieren ihre Kraft.

Ein entscheidender Grundsatz dieses „Aushungerungsprozesses“ ist, schnell zu handeln: Gebt der Sünde keinen einzigen Schritt Raum. Sagt nicht: „Ich lasse mich bis zu diesem Punkt darauf ein, aber nicht weiter.“ Das funktioniert nie. John Owen warnt:

„Merkst du, dass deine Begierde beginnt, deine Gedanken zu umschlingen? Dann erhebe dich mit all deiner Kraft dagegen – mit nicht weniger Empörung, als wenn sie bereits vollbracht hätte, was sie beabsichtigt.“

Lass nicht zu, dass die Sünde sich einnistet – ersticke sie im Keim.

3. Treibe die Sünde in die Enge.

Sünde gedeiht – wie jeder andere Feind – inmitten ihrer Verbündeten. Unzufriedenheit, Erschöpfung und Entmutigung sind nur einige, die mir in den Sinn kommen. Um Sünde wirksam zu bekämpfen, müssen wir ihr die Gelegenheiten und Umstände entziehen, die sie für sich nutzt. John Owen erklärt es treffend:

„Überlege, welche Wege, welche Gesellschaften, welche Gelegenheiten, welche Studien, welche Tätigkeiten oder Lebensumstände deiner sündigen Neigung Vorschub geleistet haben oder dies gewöhnlich tun – und stell dich ihnen entschlossen entgegen. Menschen handeln so, wenn es um ihre körperlichen Leiden geht: Die Jahreszeiten, die Ernährung oder die Luft, die ihnen schaden, werden gemieden. Sind die Dinge der Seele etwa weniger wichtig? Wisse: Wer es wagt, mit den Gelegenheiten zur Sünde zu spielen, wird auch wagen, zu sündigen. Wer sich bewusst in Versuchung begibt, wird auch in die Sünde fallen.“

Das bedeutet, dass wir uns bewusst mit den Auslösern unserer Sünde beschäftigen müssen. Manchmal sind es offensichtliche Orte (wie eine Bar für jemanden, der von Alkohol loskommen möchte), doch oft sind es eher Emotionen oder ungesunde Gewohnheiten, die wir meiden sollten.

Begierde verliert an Kraft, wenn sie sich nicht auf Erschöpfung, emotionale Bedürftigkeit, Einsamkeit oder Scham stützen kann. Neid wird schwächer, wenn unser Herz in der himmlischen Hoffnung verwurzelt ist. Zorn vergeht oft, wenn wir Zeit mit außergewöhnlich gütigen und vergebungsbereiten Menschen verbringen.

Kurz gesagt: Ein wirksamer Kampf gegen hartnäckige Sünde erfordert durchdachte Aufmerksamkeit für unseren Schlaf, unsere körperliche Bewegung, Ernährung, emotionale Gesundheit und unsere Beziehungen. Sünde gedeiht im Chaos – aber sie verkümmert in einem geordneten, Christus-zentrierten Leben.

4. Überwältige die Sünde.

Im Evangelium hat Gott uns die Ressourcen gegeben, die wir brauchen, um hartnäckige Sünden zu überwinden. Drei davon sind besonders entscheidend: Geduld, Vergebung und Kraft.

Geduld. Das Evangelium bedeutet, dass Gott „vollkommene Geduld“ hat (1. Timotheus 1:16) – selbst dann, wenn wir weiterhin mit hartnäckigen Sünden ringen. Um eine solche Sünde wirklich zu töten, müssen wir wissen, dass Gott uns nicht aufgegeben hat. Auch wenn wir selbst die Geduld mit uns verlieren, ist er wie der liebende Vater des verlorenen Sohnes, der uns zur Umkehr ruft und uns in die Freude des Gehorsams zurückführt.

Vergebung. Gott vergibt unsere hartnäckigen Sünden. „Wo aber die Sünde zugenommen hat, da ist die Gnade überreich geworden“ (Römer 5:20). Erst wenn wir unsere Sünden im Licht des Evangeliums sehen – in Gottes Augen jetzt schon vergeben, bevor sie überwunden sind – können wir echten Fortschritt gegen sie machen. William Romaine bringt es treffend auf den Punkt:

Keine Sünde kann im Herzen oder im Leben gekreuzigt werden, wenn sie nicht zuvor im Gewissen vergeben worden ist.
Wird sie nicht in ihrer Schuld getötet, kann sie auch in ihrer Macht nicht überwunden werden.

Kraft. Gott gibt uns Kraft, um die Sünde zu überwinden. „Denn Gott hat uns nicht einen Geist der Furcht gegeben, sondern der Kraft“ (2. Timotheus 1:7). Durch den Heiligen Geist schenkt er uns eine Stärke, die über unsere eigene hinausgeht, und durch seine alles erfüllende Gegenwart verspricht er uns eine überlegene, bleibende Freude. So mächtig unsere hartnäckigen Sünden auch erscheinen mögen, in Christus ist es wirklich möglich, „nicht vom Bösen überwunden zu werden, sondern das Böse mit Gutem zu überwinden“ (Römer 12:21). John Owen ermutigt uns:

„Setze dein Vertrauen auf Christus zur Tötung deiner Sünde. Sein Blut ist das große Heilmittel für sündige Seelen. Lebe darin – und du wirst als Sieger sterben. Ja, du wirst, durch Gottes gnädige Vorsehung, noch erleben, dass deine Begierde tot zu deinen Füßen liegt.“


Dieser Beitrag erschien zuerst bei Desiring God. Übersetzung und Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung.
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Avatar von Gavin Ortlund

Kommentare

2 Antworten zu „Vier Schritte, um hartnäckige Sünden zu töten“

  1. Avatar von V. H.
    V. H.

    Vielen Dank für die Übersetzung! Ein guter Text!

    Es fehlt am Ende das Zitat von William Romaine:
    “no sin can be crucified either in heart or life unless it first be pardoned in conscience. . . . If it be not mortified in its guilt, it cannot be subdued in its power.”

    Ein wichtiger Grundsatz!

    1. Avatar von John Schröder
      John Schröder

      Dankeschön für den Hinweis, da ist uns tatsächlich ein Fehler unterlaufen, den wir ausgebessert haben. Schön, aufmerksame Leser hier zu haben!

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