Hat deine Gemeinde einen Evangelisten?

Evangelisation ist vermutlich der schwierigste Bereich im christlichen Leben.

Das sage ich, obwohl ich seit 25 Jahren als vollzeitlicher Evangelist für eine Gemeinde in der Umgebung von Philadelphia tätig bin. In einer Kultur, die dem Christentum zunehmend feindlich gegenübersteht, ist es viel einfacher, diesem unbequemen Auftrag aus dem Weg zu gehen, sich von Angst lähmen zu lassen und die gute Nachricht für sich zu behalten.

Dieser Druck führt dazu, dass viele Gemeinden fast ausschließlich durch sogenannte Transfer-Wachstumsprozesse wachsen – also dadurch, dass Christen die Gemeinde wechseln – anstatt durch Bekehrung von Nichtchristen zu wachsen. Wir wissen, dass Gott will, dass seine Gemeinde die Verlorenen erreicht. Aber wie können wir uns verändern?

Ermutigung durch Paulus

Paulus zeigt uns in Epheser 4 einen Weg: Wir sollen der Rolle des Evangelisten einen hohen Stellenwert einräumen.

„Und er hat die einen als Apostel gegeben, andere als Propheten, andere als Evangelisten, andere als Hirten und Lehrer, um die Heiligen für das Werk des Dienstes auszurüsten, für die Erbauung des Leibes Christi, bis wir alle zur Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes gelangen, zur vollen Mannesreife, zum Maß der vollen Größe des Christus, damit wir nicht mehr Unmündige seien, hin- und hergeworfen und umhergetrieben von jedem Wind der Lehre, durch das trügerische Spiel der Menschen, durch die Schlauheit, mit der sie zum Irrtum verführen.“ (Eph 4,11–14)

Auf meinen Reisen zu vielen verschiedenen Gemeinden in den USA und darüber hinaus habe ich festgestellt, dass die meisten weder einen Evangelisten noch einen Ältesten haben, der gezielt den Bereich Evangelisation leitet. Ich bin überzeugt, dass dieses Fehlen das Wachstum hemmt, nach dem wir uns sehnen, wenn es um die Ausbreitung des Evangeliums geht. Der Evangelist hat die Aufgabe, die Mitglieder unserer Gemeinden dazu auszurüsten, die Verlorenen zu erreichen – damit der Leib Christi aufgebaut wird.

Wie könnte das konkret in meiner Ortsgemeinde aussehen?

Wenn du ein Pastor bist und dir wünschst, dass deine Gemeinde darin wächst, Nichtchristen mit dem Evangelium zu erreichen, möchte ich dich ermutigen, gezielt einen Evangelisten zu benennen – jemanden, der bereit ist, mindestens fünf bis acht Stunden pro Woche für diesen Dienst zu investieren. Idealerweise ist diese Person ein Ältester, aber auch ein begabter Diakon oder ein engagiertes Gemeindemitglied kann diese Aufgabe übernehmen.

Eine Gemeinde, mit der ich in Arizona zusammenarbeite, hat einen vollzeitlichen Ältesten und zwei Älteste mit einem Zivilberuf. Vor Kurzem hat die Gemeinde einen dieser nebenberuflichen Ältesten gebeten, als Evangelist zu dienen und den Großteil seiner Zeit auf diesen Bereich zu konzentrieren. Dieser Bruder hat mich angerufen und um Rat gebeten. Ich habe ihm Bücher, Predigten und Ideen für geeignete Strategien und Methoden empfohlen. Schon nach kurzer Zeit hat er sich mit großem Einsatz in diese Rolle hineingegeben, und die Gemeinde durfte bereits erste Frucht sehen.

Eine andere Gemeinde in Texas kam zu dem Schluss, dass ihre bisherigen Bemühungen in der Evangelisation zu gering waren. Sie haben daraufhin ihre Mitarbeiterstruktur umgestellt, sodass einer ihrer drei Ältesten nun 40 % seiner Arbeitszeit in den Bereich Evangelisation investieren kann. Wenn Gemeinden Zeit, Gebet, Ressourcen und finanzielle Mittel in die Erreichung der Verlorenen investieren, freut sich Gott, diese Bemühungen mit Frucht zu segnen.

Ein Grund, warum wir in der Covenant Fellowship Church kontinuierlich Bekehrungen erleben, liegt darin, dass die Ältesten der Evangelisation Priorität einräumen. Sie haben mich für diesen Dienst freigesetzt, damit ich den Großteil meiner Zeit dafür verwenden kann, die Verlorenen zu erreichen und unsere Gemeinde dafür auszurüsten. Ich habe unzählige Stunden investiert – in Lektüre, Planung, Entwicklung von Programmen und persönliche Zeit mit Nichtchristen – und Gott hat diese Bemühungen gesegnet, indem er Menschen zu uns geführt und unsere Freude am Evangelium erneuert hat.

Ich höre immer wieder von Pastoren, dass Evangelisten selten und schwer zu finden seien – aber ich glaube nicht, dass das stimmt. Wir müssen nicht den nächsten Billy Graham finden. Wenn ein Pastor so viel Zeit in Evangelisation investieren würde wie ich, bin ich überzeugt, dass er ebenfalls Frucht sehen würde – höchstwahrscheinlich auch im Sinne von Bekehrungen. Natürlich kann nur Gott retten, aber jeder von uns ist berufen, das Evangelium im Vertrauen auf die Kraft des Heiligen Geistes weiterzugeben – und das können wir mit Freude tun, im Wissen, dass die Ergebnisse bei ihm liegen.

Es ist nicht leicht, inmitten der vielen Aufgaben – Predigtvorbereitung, Seelsorge, Leitung, Verwaltung – noch Zeit für Evangelisation zu finden. Aber es ist kein nebensächliches Thema. Andreas Köstenberger und Peter O’Brien erinnern uns daran: „Der göttliche Plan, das Heil bis an die Enden der Erde zu bringen, ist das zentrale Anliegen der Heiligen Schrift – von Anfang bis Ende.“

Wo soll ich anfangen?

Ein guter erster Schritt wäre, einen Ältesten zu bestimmen, der die Verantwortung für den Bereich Evangelisation übernimmt. Halte diese Aufgabe ausdrücklich in seiner Dienstbeschreibung fest. Vielleicht bist du aber auch der einzige vollzeitliche Älteste und kannst nur zwei Stunden pro Woche für diesen Bereich aufbringen. Auch das ist völlig in Ordnung! Du könntest in der einen Woche ein gutes Buch zum Thema lesen, in der nächsten Woche mit einem Nichtchristen einen Kaffee trinken, in der darauffolgenden Woche mit deiner ehrenamtlichen Leitungsperson für Evangelisation zu Mittag essen und in der vierten Woche gezielt für Evangelisation beten. Das wird einen Unterschied machen!

Vielleicht empfindest du dich selbst nicht als besonders begabt in diesem Bereich. Doch du kannst – gemäß 2. Timotheus 4:5 – „die Arbeit eines Evangelisten tun“, indem du Leitung, Ressourcen und Ermutigung für die Person bereitstellst, die in deiner Gemeinde evangelistisch begabt ist. Genauso wichtig ist: Deine Gemeinde wird deinem Vorbild folgen, wenn du Evangelisation eine klare Priorität einräumst.

Wenn eure Gemeinde die Möglichkeit hat, eine vollzeitliche Stelle für Evangelisation zu schaffen, möchte ich dich ermutigen, darüber nachzudenken. Pastoren fragen mich oft nach meiner Stellenbeschreibung, und ich erkläre ihnen dann, dass wir bei uns in der Gemeinde den Bridge-Kurs anbieten – ein zehntägiger Einführungskurs ins Christentum mit einer gemeinsamen Mahlzeit, einem Vortrag und einer offenen Gesprächsrunde. [Eine deutsche Alternative wäre der Alpha-Kurs. Anm. d. Ü.] Gott hat diesen Kurs vielfach gebraucht, um Nichtchristen zum Glauben an Christus zu führen. Ich leite diesen Kurs jede Woche und versuche, mich mit mindestens einer Person dort – die Jesus noch nicht kennt – zum Kaffee oder Mittagessen zu treffen. Außerdem lese und bete ich regelmäßig mit Blick auf Evangelisation. Im Blick auf die Zurüstung unserer Gemeinde lehre und trainiere ich, leite evangelistische Jüngerschaftsgruppen, entwickle Schulungsmaterial und begleite Gemeindemitglieder in der Praxis, um ihnen zu zeigen, wie man das Evangelium weitergibt.

Pastoren, erlaubt mir zum Schluss ein ehrliches Wort über Evangelisten. Wir sind manchmal nicht ganz einfach im Umgang. Wir neigen dazu, klar und direkt zu sein, sehen die Dinge oft schwarz-weiß und sind nicht immer stark in Selbstwahrnehmung oder feinfühligem Hirtendienst. Wir können manchmal ein bisschen „anstrengend“ wirken, und es ist verständlich, dass man uns am liebsten in einen Schrank sperren würde, damit wir keinen Schaden anrichten.

Aber Gott hat uns genau so geschaffen – mit einem Herzen für die Verlorenen und einem Auftrag, sie zu erreichen. Die Wahrheit ist: Ihr braucht uns – und wir brauchen euch. Unsere Aufgabe ist es, euch und die Gemeinde zu ermutigen und zu helfen, treu im evangelistischen Auftrag zu leben. Eure Aufgabe ist es, geduldig mit uns zu sein und uns an der richtigen Stelle einzusetzen. Es mag sich riskant anfühlen – aber Jesus nachzufolgen war noch nie risikofrei.


Dieser Beitrag erschien zuerst bei 9marks. Übersetzung und Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung.
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