Es gibt eine Zeit zum Dienen und eine Zeit zum Ruhen.
Vor 33 Jahren, im Januar 1991, zogen meine Frau Sue und ich mit unseren vier Kindern nach Burlington, Vermont. Nach fast zwei Jahren wurde am 13. September 1992 die Christ Memorial Church gegründet. Es war eine Zeit zum Dienen.
Im Herbst 2021, nachdem ich über drei Jahrzehnte die Gemeinde geleitet hatte, übergab ich die Verantwortung an meinen Nachfolger. Es war eine Zeit zum Ruhen.
Doch wie hört man auf, etwas zu tun, das man über dreißig Jahre lang geliebt und für das man sein ganzes Leben gearbeitet hat? Wie kann man sich von etwas zurückziehen, dessen Entstehung man als ein Wunder Gottes erlebt hat? Wie zieht man sich nach einem langen Kampf im geistlichen Dienst plötzlich zurück?
Die einfache Antwort: Man tut es nicht. Nicht, wenn man weiß, dass unzählige Menschen immer noch auf dem Weg in die Hölle sind. Nicht, wenn man von Gemeinden hört, die kaum noch überlebensfähig sind. Nicht, wenn man miterlebt, wie in der eigenen Nachbarschaft Kirchengebäude in Eigentumswohnungen, Feinkostläden oder Versammlungshallen umgewandelt werden. Man hört nicht auf, solange noch Kraft da ist, um zu dienen.
Aber wie kann man als „alter Hase“ lernen, wirklich zur Ruhe zu kommen? Der Schlüssel liegt darin, sich nicht vollständig zurückzuziehen. Es geht nicht darum, den Motor des Lebens abzuschalten, sondern nur einen Gang herunterzuschalten – ähnlich wie in der Elternschaft. Wenn Sue und ich unsere Enkel für eine Übernachtung zu Besuch haben, schauen wir uns hinterher an und fragen uns: „Wie haben wir das früher 24/7 mit unseren fünf Kindern geschafft?“
Das Amt des Hauptpastors ist ein Dienst für junge Männer. Die körperliche Belastung, der mentale Stress durch Leitung, Vision, Seelsorge und Predigtvorbereitung – all das fordert seinen Tribut. Irgendwann muss man loslassen. Doch so wie man nie ganz aufhört, Eltern zu sein, hört man auch nicht auf, zu dienen. Es sieht nur anders aus.
Deshalb habe ich meine Verantwortung heruntergeschaltet. Ich habe die Leitung als Hauptpastor und den täglichen Druck der Gemeindearbeit abgegeben. Aber wie genau sieht dieses „Herunterschalten“ aus? Wie ruht man sich aus? Hier sind vier Dinge, die ich in dieser Phase meines Dienstes zu tun versuche.
1. Der Gemeinde Christi dienen
Dies geschieht sowohl formell als auch informell, aber mein Ziel ist es, die Gemeinde mit den Erkenntnissen zu segnen, die ich in einem Leben im Dienst gesammelt habe. Auch wenn ich kein Hauptpastor mehr bin, diene ich weiterhin in der Christ Memorial Church als „Minister-in-Residence“. Das bedeutet, dass ich Seelsorge anbiete, predige, eine Kleingruppe leite, den Sonntagsschulunterricht mitgestalte und den anderen Pastoren als Mentor und Ratgeber zur Seite stehe.
Zudem habe ich das große Privileg, weiterhin als Präsident des New England Training and Sending Center for Church Planting and Revitalization (NETS) zu dienen – einer Dienstarbeit von Christ Memorial, die seit 24 Jahren besteht. Diese Aufgabe hält mich gut beschäftigt: Ich predige in den Gemeinden des NETS-Netzwerks, rekrutiere Nachwuchs an theologischen Seminaren, begleite Pastoren in ihrem Dienst, bilde Gemeindegründer und Gemeindeerneuerer aus und setze sie in Neuengland und darüber hinaus ein. Außerdem stehe ich Gemeinden in Neuengland, den USA und weltweit zur Seite.
Darüber hinaus verfolge ich nun Dienstmöglichkeiten, für die ich als Hauptpastor keine Zeit hatte. Im April wird NETS einen Podcast für Pastoren mit dem Titel „Pastor Pastor“ starten. Außerdem arbeite ich an meinem ersten Buch – ein Vorhaben, das ich seit über einem Jahrzehnt im Herzen trage – und habe bereits weitere Buchideen in der Warteschlange.
Es gibt also viel zu tun – selbst in der Ruhe.
2. Gottes Wort studieren
Auch dies geschieht sowohl formell als auch informell. Obwohl ich früher in zwei Ph.D.-Programme aufgenommen wurde, konnte ich mein Studium nie aufnehmen, da meine Verantwortung in der Christ Memorial Church und bei NETS zu groß war. Doch einen Monat nach meinem Rücktritt begann ich mein Ph.D.-Studium am Midwestern Baptist Theological Seminary und werde es voraussichtlich nächstes Jahr abschließen. Es war eine bereichernde Erfahrung, die mich geistlich wachsen ließ, mich dazu brachte, mein Griechisch aktiv zu halten und mein Hebräisch wiederzubeleben. Mein Forschungsschwerpunkt liegt auf der fortschreitenden Heiligung, wobei ich Römer 7,13–25 aus der Perspektive eines Ungläubigen interpretiere – eine Sichtweise, die meinen pastoralen Dienst stark geprägt hat.
Zudem habe ich nun mehr Zeit für mein persönliches Bibelstudium und Gebet – besonders in den Psalmen. Es hat meiner Seele gutgetan, meinen Retter in den Psalmen auf neue Weise zu entdecken. Und die Freiheit, länger über einen Bibeltext nachzudenken und Fragen nachzugehen, für die früher keine Zeit war, ist ein großes Geschenk.
3. In die Familie investieren
Gott hat Sue und mich mit fünf gläubigen Kindern gesegnet, die alle glücklich verheiratet sind. Außerdem durften wir siebzehn Enkelkinder willkommen heißen – vierzehn Mädchen und drei Jungen. Der Ruhestand vom Pastorendienst bedeutet, dass Sue und ich nun alles stehen und liegen lassen können, wenn sie uns besuchen (so wie gerade eben, als unser zweijähriger Enkel vorbeikam). Wir können die Enkel nun öfter über Nacht zu uns nehmen. Vor Kurzem haben wir uns ein 9-Meter-Wohnmobil gekauft, in dem vier Kinder schlafen können. Wir suchen nach Wegen, wie wir mehr Teil ihres Lebens sein und die Familien näher zusammenbringen können.
Auch Sue und ich haben nun mehr gemeinsame Zeit. Als Hauptpastor waren meine Abende oft von Gemeindediensten geprägt. Jetzt schauen wir zusammen die TV-Serie „The West Wing“, natürlich mit Popcorn und angeregten Diskussionen (und währenddessen hole ich meine E-Mails nach). Gott hat mir mit einer wunderbaren Ehefrau und einer wachsenden Familie große Gnade erwiesen – und nun habe ich mehr Zeit, sie zu genießen.
4. Andere Interessen verfolgen
Meine Hingabe an die Gemeinde in den letzten drei Jahrzehnten bedeutete, dass ich nur wenig Zeit für andere Aktivitäten hatte, die mir Freude bereiten. Mit dem Kauf unseres Wohnmobils planen Sue und ich nun, einige Nationalparks und historische Stätten in Vermont und Neuengland zu erkunden.
Vor Kurzem bin ich als Ersatz-Trompeter beim Vermont Jazz Ensemble eingesprungen – mein Vater war professioneller Trompeter, und ich selbst habe im College gespielt. Falls der Herr es so führt, hoffe ich, einen festen Platz in der Band zu bekommen.
Außerdem hat Gott uns vor 31 Jahren ein großes renovierungsbedürftiges Haus geschenkt. Nach drei Hunden (und einem kleinen Hundezuchtgeschäft), einer Katze, mehreren Meerschweinchen und fünf Kindern haben wir nun begonnen, dieses alte Haus ernsthaft zu modernisieren.
Während der COVID-Zeit haben wir die Küche renoviert – sehr zu Sues Freude. Jetzt planen wir, die zweite Etage umzubauen, den einzigen Bereich, der weitgehend unverändert geblieben ist. Sue hat jahrzehntelang geduldig auf viele Dinge verzichtet. Nachdem wir Autoreparaturen, Studiengebühren und fünf Hochzeiten finanziert haben, bleibt uns nun etwas Spielraum. Ich freue mich darauf, meine treue Lebens- und Dienstpartnerin mit einem neuen Schlafzimmer und Badezimmer zu beschenken.
Sue und ich lernen, zur Ruhe zu kommen – mit Verantwortlichkeiten, die zu unserem Alter und Energielevel passen. Das Genießen von Gottes guten Gaben ist keine Verschwendung (1. Timotheus 4:4–5), doch wie John Piper es ausgedrückt hat: Wir dürfen unseren Ruhestand nicht vergeuden. Möge unser himmlischer Vater Gefallen an dem Opfer haben, das wir ihm bringen, indem wir ihn auch in diesem letzten Kapitel unseres Lebens treu dienen (Römer 12:1–2).
Dieser Beitrag erschien zuerst bei 9marks. Übersetzung und Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung.
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