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Geistesgaben

Die Gaben des Geistes sind Gnadengaben, die vom Heiligen Geist verliehen werden und der Erbauung der Gemeinde dienen. Es ist hilfreich, eine Übersicht der verschiedenen Gaben im Neuen Testament zu betrachten:

Römer 12,6–81. Korinther 12,7–101. Korinther 12,28Epheser 4,11
Wir haben verschiedene Gaben gemäß der Gnade, die uns gegeben ist.Jedem wird die Offenbarung des Geistes zum gemeinsamen Nutzen gegeben.Und Gott hat in der Gemeinde eingesetzt:Und er hat gegeben:
ApostelApostelApostel
ProphetieProphetieProphetenPropheten
Evangelisten
Unterscheidung der Geister
Das LehrenWort der Weisheit und Wort der ErkenntnisLehrerHirten und Lehrer
Ermahnen
WunderwirkungenWundertaten
Gaben der HeilungenGaben der Heilungen
DienenHelfen
LeitenLeiten (Verwaltung)
Verschiedene Arten von SprachenVerschiedene Arten von Sprachen
Auslegung der Sprachen
Geben
Glaube
Barmherzigkeit

Die oben genannten Gaben lassen sich in zwei Kategorien einteilen: Redegaben und Dienende Gaben (1. Petrus 4,11). Diese Kategorien sind nicht starr, da diejenigen, die reden, auch denen dienen, die sie ansprechen, und diejenigen, die dienen, ebenfalls durch ihren Dienst reden.

Zu den Redegaben gehören: Aposteltum, Prophetie, Lehre, Evangelisation, Ermahnung, Unterscheidung der Geister, Sprachenrede und Auslegung der Sprachen.

Zu den Dienenden Gaben gehören: Leitung, Hilfeleistung, Barmherzigkeit, Geben, Glaube, Heilung und Wunder.

Im Folgenden will ich weitere Aspekte der Geistesgaben beleuchten.

Die Gaben des Geistes und ihr Zweck

  1. Die Gaben des Geistes sollen unter der Herrschaft Christi ausgeübt werden (1. Korinther 12,1–3). Unsere Aufmerksamkeit sollte nicht auf unsere Gaben oder Erfahrungen gerichtet sein, sondern auf die Vorrangstellung Christi in allen Dingen. Menschen mögen von beeindruckenden Erfahrungen berichten, aber wenn sie nicht unter der Herrschaft Christi leben, haben ihre Gaben wenig Bedeutung.
  2. Die Gaben sind zur Erbauung der Gemeinde gegeben (1. Korinther 14,1–40; Epheser 4,11–16). Sie dienen nicht der Selbstverherrlichung oder dem Selbstwertgefühl, sondern sollen die Gemeinde aufbauen und stärken. Der Fokus liegt nicht auf dem Einzelnen, sondern auf der Gemeinschaft. Epheser 4 zeigt uns, dass das Ziel der Gaben die Reife des Leibes Christi ist. Der Herr möchte, dass die Gemeinde stabil und stark ist, damit sie falscher Lehre widerstehen kann. Die Gaben wirken richtig, wenn die Gemeinde mehr wie Jesus Christus wird und in Wahrheit und Liebe aufgebaut wird.
  3. Römer 12,3 lehrt uns, vernünftig über unsere Gaben nachzudenken. Wir sollten weder zu hoch noch zu niedrig von uns und unseren Gaben denken. Paulus lehrt in 1. Korinther 12, dass jemand mit einer auffälligeren Gabe nicht notwendigerweise gottesfürchtiger oder geistlicher ist. Umgekehrt sind diejenigen, die ihre Gabe als geringer betrachten, nicht weniger wertvoll. Jede Gabe ist notwendig, um den Leib Christi zu vervollständigen, denn ein Körper besteht aus Augen und Ohren, Händen und Füßen, Armen und Nasen. Kein Mitglied der Gemeinde kann sich isolieren. Der ganze Leib kann nicht nur ein Auge oder ein Kopf sein, denn dann gäbe es keinen Körper. Wir sollen realistisch einschätzen, wie Gott uns begabt hat, und übertriebene oder unrealistische Vorstellungen über unsere Gaben ebenso vermeiden wie das Gefühl, wertlos zu sein und nichts beitragen zu können.
  4. Die Vielfalt der Gaben kommt von Gott selbst (1. Korinther 12,4–6). Wir brauchen uns nicht um unsere Gabe zu sorgen, denn Gott hat souverän bestimmt, welche Gaben wir besitzen (1. Korinther 12,11.18.28). Es ist eine Versuchung zu denken, dass unsere Gaben aus uns selbst stammen. Doch Paulus erinnert uns daran, dass Gaben genau das sind: Geschenke! Sie werden uns gegeben und nicht von uns verdient. Wir vertrauen darauf, dass Gott den Leib mit großer Weisheit und Liebe geformt hat. Die Korinther waren besonders fasziniert von der Gabe der Zungenrede, doch Paulus warnt sie davor, diese Gabe übermäßig zu verherrlichen.
  5. Die Taufe im Geist ist keine zweite Erfahrung nach der Bekehrung. In der Apostelgeschichte geschieht die Taufe im Geist bei der Einführung der Gemeinde am Pfingsttag (Apostelgeschichte 1,5; 2,1–11), bei der Bekehrung des Kornelius und seiner Freunde (Apostelgeschichte 10,44–48; 11,16) und bei der Bekehrung der zwölf Jünger des Johannes (Apostelgeschichte 19,1–7). Paulus lehrt zudem, dass die Taufe im Geist erfolgt, wenn jedes Glied der Gemeinde in den Leib Christi eingefügt wird (1. Korinther 12,13). Taufe ist per Definition ein Aufnahmeakt. Deshalb ist es ein Missverständnis, aus der Apostelgeschichte abzuleiten, dass die Taufe im Geist notwendigerweise mit Zungenrede einhergehen muss. Die Zungenrede markiert in Apostelgeschichte 2,1–4 die Einführung des neuen Bundes zu Pfingsten. Sie bezeugt die Errettung der Heiden (Apostelgeschichte 10,44–48) und die Aufnahme der Jünger des Johannes in die Gemeinde (Apostelgeschichte 19,1–7). Es gibt keine weiteren Belege dafür, dass die Aufnahme in die Gemeinde Jesu Christi mit Zungenrede verbunden sein muss. Vielmehr stellt 1. Korinther 12,13 klar, dass jeder Gläubige bei seiner Bekehrung im Geist getauft wird.
  6. Korinther 14,1–19 ist ein äußerst interessanter Text, der zeigt, dass Erbauung durch Verstehen geschieht. Christen neigen dazu zu denken, dass beeindruckende Erfahrungen – insbesondere überwältigende emotionale Erlebnisse – zur geistlichen Erbauung beitragen. Natürlich sind Emotionen etwas Gutes und keineswegs abzulehnen, doch Paulus lehrt, dass sie an die Wahrheit gebunden sein müssen. Gott heiligt uns, indem er unser Denken erneuert (Röm. 12,2), sodass wir prüfen, was dem Herrn gefällt (Eph. 5,10) und an geistlichem Unterscheidungsvermögen wachsen. Auf diese Weise führen wir ein Leben, das dem Herrn wohlgefällt (Phil. 1,9–11; Kol. 1,9–11).
  7. Wir sollen uns auf die Gaben konzentrieren, die Gott uns gegeben hat (Röm. 12,6–8). Es wäre ein Fehler, sich aus Evangelisation, Diakonie oder Hilfeleistung zurückzuziehen mit der Begründung, man besitze nicht die entsprechende Gabe. Eine solche Haltung rationalisiert oft nur unsere Selbstsucht. Gleichzeitig erinnert uns die Schrift daran, dass wir unsere Energie auf die Gabe(n) fokussieren sollen, die Gott uns geschenkt hat. Gott hat uns auf eine bestimmte Weise geschaffen, und wir dienen anderen Gläubigen am besten, wenn wir die Gaben einsetzen, die er uns anvertraut hat. Es wäre unklug, wenn jemand mit der Gabe der Lehre diese ignorierte und sich stattdessen vor allem der Ermutigung widmete.
  8. Liebe! In 1. Korinther 13, dem Kapitel, das genau in die Diskussion über die Gaben des Geistes (1. Korinther 12–14) eingebettet ist, wird deutlich: Gaben sind ohne Liebe wertlos. Das wichtigste Maß für unsere geistliche Reife sind nicht unsere Gaben, sondern unsere Gottesfurcht und Christusähnlichkeit.

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Hinweis zur Lizenz und Übersetzung:
Dies ist eine Übersetzung des Originalwerks von Thomas Schreiner. Die Veröffentlichung erfolgt unter der freien Lizenz CC BY-SA 4.0. Das bedeutet, dass der Text unter den gleichen Bedingungen weiterverwendet werden darf, sofern die ursprüngliche Quelle genannt und die Lizenz beibehalten wird. Die Veröffentlichung dieser Übersetzung bedeutet jedoch nicht, dass der Autor sie ausdrücklich billigt oder unterstützt.

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