„Mit einem Feuer drohst du, das nur eine kurze Zeit lang brennt und schon bald wieder verlöscht; denn du kennst das Feuer des kommenden Gerichts und der ewigen Strafe nicht, das die Gottlosen erwartet. Aber warum zögerst du? Mach, was du willst!“1
So antwortete Polykarp dem römischen Prokonsul, nachdem dieser ihm angedroht hatte, ihn mit Feuer zu verbrennen. Das Feuer konnte Polykarp allerdings nichts anhaben, sodass er erdolcht werden musste.
Das Martyrium des Polykarp ist vermutlich die bekannteste Geschichte aus der Antike, in der ein Christ für seinen Glauben sterben musste. Polykarp war zu seinem Todeszeitpunkt 86 Jahre alt und bis dahin Bischof der kleinasiatischen Stadt Smyrna (die Stadt Izmir in der heutigen Türkei). Mit seiner brutalen Ermordung entwickelte sich ein Märtyrerkult. Dennoch war er auch schon vor seinem Tod eine wichtige Person der antiken Christenheit. Ein Mann namens Marcion schrieb den Bericht über sein Martyrium auf, der auch weitestgehend in der Kirchengeschichte des Eusebius erhalten geblieben ist.
Polykarps Martyrium fand während der Regierungszeit des Philosophenkaisers Marc Aurel (161-180) statt, unter dessen Herrschaft sich Martyrien von Christen mehrten. Insgesamt kam es bis zu Beginn des 4. Jahrhunderts n. Chr. häufig zu Christenverfolgungen. Der Martyriumsbericht über Polykarp dient als Grundlage für die folgenden Ausführungen.2

Byzantinische Ikone von Polykarp (undatiert).
Ein schlechtes Vorzeichen
In Smyrna wurden schon vor Polykarp Christen in der heimischen Arena umgebracht. So berichtet Marcion von Germanicus, der von wilden Tieren getötet wurde, nachdem er sie extra zu sich gelockt hatte. Sein „Edelmut“ hatte die Zuschauer angestachelt, auch den Tod des hiesigen Bischofs Polykarp zu fordern. Dieser wollte gerne in der Stadt bleiben, wurde aber schließlich überredet, sich auf einem Landgut zu verstecken. Dort hatte er während seines Gebets die Vision, dass sein Kopfkissen in Flammen stand, sodass er schon seinen baldigen Tod vorausahnen konnte.
Verhaftung
Als seine Häscher eintrafen, hatte sich Polykarp schon zu einem anderen Landgut begeben. Allerdings legte ein Sklave auf dem ersten Landgut unter Folter ein Geständnis ab, sodass der Irenarch Herodes, der örtliche Polizeibeamte, den Aufenthaltsort Polykarps in Erfahrung bringen konnte. An einem Freitagabend schließlich setzten sie ihn im oberen Stockwerk in einem kleinen Zimmer fest. Er blieb ruhig, vertraute die Situation Gott an und ließ seinen Fahndern so viel Essen servieren, wie sie wollten. Im Gegenzug durfte er noch eine Stunde beten. Es wurden sogar zwei Stunden, weil die Polizisten so verwundert von seiner positiven Ausstrahlung waren.
Schließlich musste er mit den Polizisten aufbrechen und wurde auf den Wagen des Irenarchen und seines Vaters gebeten. Die beiden wollten ihn überzeugen, doch einfach dem Kaiser zu opfern und so seiner Bestrafung zu entgehen, doch Polykarp wies das von sich. So nötigten sie ihn zornig von ihrem Wagen, sodass er mit verletztem Schienbein weiterlaufen musste.
Im Amphitheater
Als er im Amphitheater angekommen war, erhoben die Menschen ihre Stimme. Eine himmlische Stimme hingegen sprach zu Polykarp: „Bleib stark, Polykarp, und sei tapfer wie ein Mann!“. Nachdem er vor den römischen Prokonsul L. Statius Quadratus geführt wurde, fragte dieser ihn nach seinem Namen und versuchte ihn zu überreden, seinen Glauben aus Rücksicht auf sein hohes Alter zu leugnen. Er solle bei der Schicksalgöttin des Kaisers schwören und „Nieder mit den Gottlosen!“ rufen. Letzteres rief Polykarp dann den im Stadion versammelten Heiden zu und antwortete dem Prokonsul, nachdem dieser erneut gefordert hatte, Christus zu verleugnen:
„Sechsundachtzig Jahre lang dien ich ihm, und er hat mir kein Unrecht getan; wie kann ich da meinen König, der mich errettet, lästern?“
Nach einer erneuten Aufforderung des Prokonsuls, abzuschwören, bestätigte Polykarp noch einmal sein Zeugnis und bot an, ihm die Glaubensgrundsätze des Christentums nahezubringen. Nachdem Quadratus gekontert hatte, er solle das Volk überzeugen und Polykarp dies abgelehnt hatte, drohte der römische Beamte mit dem Tod durch wilde Tiere. Dies ließ Polykarp jedoch unbeeindruckt, sodass der Prokonsul weiter drohte, ihn zu verbrennen. Darauf antwortete der Bischof ihm mit dem eingangs zitierten Satz, dass das Feuer nur kurz brenne und ein ewiges Gericht auf die Gottlosen warte.
Quadratus wurde zornig und ließ von einem Herold Polykarps Vergehen, ein Christ zu sein, verkünden. Da erhob sich auch wütend die Volksmenge und rief:
„Das ist der Lehrer von Asien, der Vater der Christen, der unsere Götter vernichtet und viele Menschen lehrt, nicht mehr zu opfern und die Götter nicht mehr anzubeten!“
Am Scheiterhaufen
Danach forderten sie den anwesenden Asiarchen Philippus von Tralles, der ein Vorsteher einer kleinasiatischen Städtekonföderation und somit Priester war, Polykarp einem Löwen zum Fraß vorzuwerfen. Auf seine Antwort, dass die Tierhetzen vorüber seien, riefen sie nur noch lauter, Polykarp zu verbrennen.
Die Volksmenge selbst trug dafür rasch Holz und Reisig für einen Scheiterhaufen zusammen. Polykarp zog seine Kleidung aus, während man das Holz um ihn herum aufrichtete. Als sie ihn am Scheiterhaufen festmachen wollten, antwortete er:
„Laßt mich so, wie ich bin! Denn der, welcher mir die Kraft gegeben hat, das Feuer zu ertragen, wird mir auch die Kraft geben, unerschrocken auf dem Scheiterhaufen zu verharren, ohne von euch mit Nägeln festgemacht zu sein.“
Anschließend wurde er nur gefesselt und betete, zum Himmel blickend zu Gott. Er lobte Gott und dankte ihm, dass er einen würdigen Märtyrertod sterben dürfe, um anschließend zum ewigen Leben auferstehen zu können. Danach wurde das Holz angezündet.
Tod
Anschließend geschah ein Wunder, denn das Feuer sprang nicht auf Polykarp über, sondern umhüllte ihn wie ein Segel, das vom Wind aufgebläht worden ist. Gleichzeitig entstand ein angenehmer Geruch wie von Weihrauch.
Da das Feuer ihm nichts anhaben konnte, wurde Polykarp erdolcht. Dabei kam so viel Blut aus ihm heraus, dass das Feuer erlosch, was die Volksmenge in Staunen versetzte. Der Leichnam Polykarps sollte nicht herausgegeben werden, damit die Christen ihn nicht rauben und ihn verehren können. Der tote Körper wurde schließlich verbrannt. Die Christen ließen es sich allerdings nicht entgehen, die Gebeine des Bischofs einzusammeln und alljährlich an sein Martyrium zu gedenken.
Wirkung
Über Polykarp und sein Martyrium sprachen alle Leute rings in der Umgebung, sowohl Heiden als auch Christen. Letztere entwickelten den Wunsch, den Tod ihres Bischofs nachzuahmen. Der Bericht führt am Ende aus:
„Durch seine Geduld hat er den ungerechten Statthalter bezwungen und so die Krone der Unsterblichkeit errungen. Zusammen mit den Aposteln und allen Gerechten frohlockt er nun und preist Gott, den Vater, den Allherrscher, und lobt unseren Herrn Jesus Christus, den Erlöser unserer Seelen, den Lenker unserer Leiber und Hirten der katholischen Kirche auf der ganzen Welt.“
- Vgl. Martyrium Polykarps 11,2. Zitiert nach Guyot, Peter; Klein, Richard: Das frühe Christentum bis zum Ende der Verfolgungen. Eine Dokumentation. Bd. 1: Die Christen im heidnischen Staat (Texte zur Forschung, Bd. 60), Darmstadt 1993, S.57. ↩︎
- Die folgenden Ausführungen und Zitate basieren alle auf dem Martyriumsbericht des Polykarp, aufgerufen in ebd. S.49-65. ↩︎
Quelle/Literatur
Martyrium Polykarps. Zitiert nach Guyot, Peter; Klein, Richard: Das frühe Christentum bis zum Ende der Verfolgungen. Eine Dokumentation. Bd. 1: Die Christen im heidnischen Staat (Texte zur Forschung, Bd. 60), Darmstadt 1993, S.49-65.
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