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Was ist Götzendienst?

Die Bibel spricht häufig über das Thema „Götzendienst“. Aber was ist das eigentlich im Kern? Welches allgemeingültige Prinzip steckt dahinter? Und was ist dann wahrer Gottesdienst?

1. Der eine Gott

Alle biblischen Texte sind sich einig, dass der Gott, welcher im Alten und Neuen Testament vorgestellt wird, allein Gott ist. Aber was bedeutet es, „Gott“ im biblischen Sinn zu sein?

Gott steht laut der Bibel ideell und zeitlich vor allem, er ist die Kraft, welche Raum, Zeit und Materie hervorgebracht hat. Somit ist er Schöpfer aller Dinge, der das Leben generell erst ermöglicht (vgl. 1. Mose 1-2,4; 1. Korinther 8,6). Weiterhin erhält er die Schöpfung bzw. das Leben, er sorgt also dafür, dass alles seinen mehr oder weniger gewohnten Gang nehmen kann (vgl. Apostelgeschichte 17,28; Kolosser 1,17). Darüber hinaus greift er selbst in die Geschichte seiner Schöpfung durch Wundertaten ein (vgl. Psalm 71,17-19) und wenn er etwas spricht, dann geschieht das Gesprochene (vgl. 1. Mose 1). Das wird durch seine vollumfängliche Weisheit (vgl. Sprüche 8,22) und Macht (vgl. Psalm 147,5) ermöglicht. Weiter ist er so herrlich und großartig, dass ein Mensch sterben müsste, wenn er Gott von Angesicht zu Angesicht sehen würde (vgl. 2. Mose 33,20). Das liegt auch daran, dass er ausschließlich gut (vgl. Matthäus 19,17) und heilig (vgl. Offenbarung 4,8), also besonders und rein ist. Letztlich sind diese – noch lange nicht vollständigen – Eigenschaften Gottes, die uns in der Bibel präsentiert werden, für Menschen unbegreiflich (vgl. Epheser 3,18).

Aus allen diesen Wesensmerkmalen Gottes folgt, dass ihm die alleinige Ehre zukommen soll, sodass jeder Mensch dazu aufgefordert ist, Gott anzubeten. Paulus fasst in Philipper 2,9-11 zusammen, wie absolut die biblische Sichtweise in Bezug auf Jesus Christus (=Gott) und das Maß der Anbetung ist, die ihm gebührt:

„Darum hat Gott ihn über alles erhöht und ihm den Namen geschenkt, der über allen Namen steht: Denn vor dem Namen Jesus wird einmal jedes Knie gebeugt; von allen, ob sie im Himmel sind, auf der Erde oder unter ihr. Und jeder Mund wird anerkennen: ‚Jesus Christus ist der Herr!‘ So wird Gott, der Vater, geehrt.“

2. Anbetung: Was ist das?

Aber was bedeutet es jetzt konkret, Gott anzubeten? Anbetung entspringt aus dem Bewusstsein, dass Gott bzw. Jesus Christus mit allen seinen Eigenschaften in allen Bereichen unendlich viel größer ist als der Mensch. Deshalb schreibt der Autor des Psalms 95,6:

„Kommt, lasst uns anbeten, uns beugen vor ihm! Lasst uns vor Jahwe knien, der uns erschuf!“

Hier drückt sich eine von Demut durchdrungene Haltung aus, weil dem Schreiber beim Nachdenken über Gott dessen Größe und im Kontrast dazu seine eigene Unzulänglichkeit bewusst wurde. Anbetung soll aber beispielsweise nicht aus Angst vor Gott oder aus Tradition praktiziert werden. So kritisiert Gott in Jesaja 29,13, dass die Israeliten ihn nur noch oberflächlich anbeten:

„Dieses Volk ist nur mit dem Mund nah bei mir, es ehrt mich mit den Lippen, aber sein Herz ist weit von mir weg. Ihre Gottesfurcht ist ja nur angelerntes Menschengebot.“

Vielmehr ist laut diesem Vers Anbetung mit der richtigen Herzenshaltung verknüpft. Jesus selbst macht in Matthäus 22,37f deutlich, dass diese Herzenshaltung von Liebe bestimmt sein soll:

„Du sollst den Herrn, deinen Gott, von ganzem Herzen lieben, mit deiner ganzen Seele und deinem ganzen Verstand! Das ist das erste und wichtigste Gebot.“

Im ganzen Bewusstsein des Menschen soll also die Liebe zu Gott die maßgebliche Priorität haben. Dies schlägt sich im „Herzen“, in der „Seele“ und dem „Verstand“ nieder, also letztlich in allem, was der Mensch ist. Das bedeutet, dass der Mensch in seinem ganzen Sein auf Gott ausgerichtet sein soll: In Gott soll der Sinn, das Vertrauen, die Hoffnung und das Ziel eines Menschen liegen. Jeder Gedanke und jede Handlung, die das zum Inhalt hat, ist Anbetung.

3. Götzendienst

Nach dem Auszug der Israeliten aus Ägypten formuliert Gott seinen alleinigen Anspruch auf Anbetung am Anfang der Zehn Gebote in 2. Mose 20,2-4:

„Ich bin Jahwe, dein Gott! Ich habe dich aus dem Sklavenhaus Ägyptens befreit. Du sollst keine anderen Götter haben neben mir! Du sollst dir kein Götterbild machen, kein Abbild von irgendetwas im Himmel, auf der Erde oder im Meer!“

Dieses Gebot wurde aber oftmals nicht eingehalten, sodass Gott bzw. einer seiner Propheten dementsprechend häufig die Abwendung von Gott selbst hin zu anderen (selbstgemachten) Götzen kritisiert.

Im Kontext der biblischen Zeit waren dies andere Gottheiten, die von Menschen Verehrung bekamen. Jeder dieser unterschiedlichen Götter hatte bestimmte Aufgabengebiete. So wurde in Ägypten Re als Sonnengott verehrt, Osiris war der Herr der Unterwelt, während Anubis für die Einbalsamierung der Verstorbenen zuständig war. In Babylon galt Marduk als der höchste Gott, der das Urchaos bezwungen hatte. Neben ihm wurde auch weiteren Götter gehuldigt wie z.B. Ischtar, die Göttin der Liebe und Fruchtbarkeit sowie Enki, unter anderem der Herrscher über das Wasser. Baal fungierte für die Kanaaniter als Wettergott, während Dagon für das Getreide und Astarte für die Fruchtbarkeit zuständig war.

Eingang des Tempels in Luxor, Ägypten.

3.1 Warum verehrte man Götter?

Allein schon aus der Tatsache, dass es diese unterschiedlichen Götter gab, die für unterschiedliche Bereiche des menschlichen Lebens im Diesseits und Jenseits zuständig waren, wird deutlich, dass mit der Verehrung dieser Götter auch immer die Erwartung einer persönlichen Bereicherung verbunden war. Das konnte die Hoffnung auf eine gute Ernte, eine gelungene Geburt, Erfolg in Handelsgeschäften, aber auch Hoffnung auf ein gutes Leben im Jenseits sein.

Somit geht aus biblischer Sicht die Verehrung solcher Götter immer mit einem mangelnden Vertrauen in den wahren Gott einher. Daher riefen Propheten wie Elia die Israeliten zu beständiger Umkehr, z.B. in 1. Könige 18,21:

„Wie lange hinkt ihr auf beiden Beinen? Wenn der Herr Gott ist, folgt ihm! Wenn aber Baal Gott ist, folgt ihm!‘ Aber das Volk antwortete ihm kein Wort.“

3.2 Wie verehrte man Götter?

Die Erwartung einer positiven Gabe vonseiten der Götter passierte nach der Vorstellung der Menschen nicht einfach so. Vielmehr musste der Mensch der adressierten Gottheit auf angemessene Art und Weise ein Opfer darbringen. Er musste also selber etwas aufwenden, damit er etwas von der entsprechenden Gottheit empfing. Oftmals geschah dies in der Darreichung von Speisen und Getränken – da diese von den Göttern verzehrt wurden – oder durch die Opferung von Tieren. Dieses Prinzip kann man als Do ut des („Ich gebe, damit du gibst“) zusammenfassen. Wenngleich man aus religionswissenschaftlicher Perspektive natürlich noch sehr viel mehr zum Götteropfer bzw. zum Götzendienst sagen könnte, ist dieses Prinzip wohl das wesentliche Merkmal des Götteropfers.

3.3 Was brachte der Götzendienst?

Aus biblischer Perspektive hat der Götzendienst allerdings keinerlei Nutzen. Dies liegt schlicht an der Tatsache, dass es laut biblischem Zeugnis nur einen wahren Gott gibt und alle anderen Götter somit nichtig sind. Jeremia 10,3-5 drückt dies mit beißendem Spott aus:

„Denn ihre Gebräuche sind ohne Sinn, ihre Götzen ohne Verstand. Da holt einer Holz aus dem Wald, der Schnitzer macht daraus eine Figur. Man schmückt sie mit Silber und Gold, befestigt sie mit Hammer und Nagel, damit der Gott nicht wackeln kann. Wie Vogelscheuchen im Gurkenfeld stehen sie und reden nicht. Man muss sie tragen, sie können nicht gehen. Habt keine Angst vor ihnen! Sie können euch nichts Böses tun, und Gutes noch viel weniger.“

Paulus verurteilt den Götzendienst in 1. Korinther 10,19f noch drastischer:

„Will ich damit sagen, dass ein Götzenopfer oder ein Götzenbild irgendeine Bedeutung hat? Nein! Aber was sie opfern, das opfern diese Leute Dämonen und nicht Gott. Ich will aber nicht, dass ihr in Kontakt mit Dämonen kommt!“

Welche Lesart man nun übernimmt, in jedem Fall ist klar, dass Götzendienst aus biblischer Perspektive falsch ist. Es gilt, sich mit seinem Anliegen an den Gott zu wenden, der diese auch wirklich hört und dann sein Vertrauen auf ihn zu setzen.

4. Das allgemeingültige Prinzip

Hinter diesen sehr konkreten Handlungen beim Götzendienst steckt ein allgemeingültiges Prinzip. Dabei geht es nicht um ein spezielles Tieropfer, was einer transzendenten Gottheit mit bestimmtem Namen zufrieden stellen soll. Es geht vielmehr um das Prinzip des Do ut des („Ich gebe, damit du gibst“). Jeder Mensch setzt auf irgendetwas sein Vertrauen, um Stabilität zu gewinnen, Liebe zu erfahren und Hoffnung zu schöpfen. Das kann Geld sein, das eigene Ansehen, eine treue Partnerschaft, die Familie, Sexualität oder die Gesundheit. Vom Prinzip her sind dies keine schlechten Dinge, die meisten davon sind sogar sehr gut. Problematisch wird es aber, wenn man eben sein ganzes Vertrauen darauf setzt, davon (all) sein Glück und seine Hoffnung erwartet und eine Menge Kraft und Zeit dafür einsetzt. Paulus formuliert deswegen in Kolosser 3,5:

„Darum tötet alles, was zu eurer irdischen Natur gehört: sexuelle Unmoral, Schamlosigkeit, Leidenschaft, böse Lüste und Habgier, die Götzendienst ist.“

Er bezeichnet hier die Habgier explizit als Götzendienst. Die Habgier verspricht sich nämlich von vielem Besitz Freude, Sicherheit und Ansehen. Dabei ist der Habgierige auch bereit, Opfer zu bringen. Vielleicht verliert er durch seine Gier Freunde, einen guten Ruf und viel Lebenszeit, weil er so damit beschäftigt ist, Reichtum anzuhäufen. Analog kann man dies auch auf einen Menschen übertragen, der z.B. getrieben ist, an seinem Ansehen zu arbeiten, sein Aussehen stetig zu verbessern oder seine Sexualität auszuleben. Nichts ist falsch daran, ja vielmehr ist es prinzipiell sehr gut, mit Menschen gut auszukommen, auf sein Äußeres zu achten oder seine Sexualität im richtigen Rahmen auszuleben. Wenn man aber allein aus diesen Dingen seine Freude, sein Glück und seine Hoffnung schöpfen möchte, ist dies nichts weiter als Götzendienst.

5. Der richtige Gottesdienst

Die Bibel stellt das Prinzip des Do ut des („Ich gebe, damit du gibst“) auf den Kopf. In der schon zitierten Passage von 2. Mose 20,2-4, in der Gott die Israeliten ermahnt, keine Götzen neben ihm anzubeten, beginnt er einleitend damit, was er für die Israeliten getan hat: „Ich bin Jahwe, dein Gott! Ich habe dich aus dem Sklavenhaus Ägyptens befreit.“ Die Rettung steht also am Anfang, der Gnadenakt Gottes setzt die Voraussetzung für die Handlungen der Israeliten. Weil Gott eben alles zu ihrer Rettung beigetragen hat, sind die Israeliten befähigt, ihn zu lieben und ihm zu dienen.

Im Neuen Testament wird die vorausgegangene Liebe Gottes wieder aufgegriffen. Johannes schreibt in 1. Johannes 4, 10:

„Die Liebe hat ihren Grund nicht darin, dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt und seinen Sohn als Sühnopfer für unsere Sünden gesandt hat.“

Und in Vers 19 heißt es weiter:

„Doch wir lieben, weil er uns zuerst geliebt hat.“

Hier wird deutlich, warum Jesus in der schon erwähnten Stelle von Matthäus 22,37f die Menschen dazu auffordert, Gott zu lieben. Gott selbst ist in Jesus Christus Mensch geworden, um für unsere Sünden zu sterben und den Weg frei zu Gott zu machen. Seine Motivation dafür war und ist die Liebe, die aufgrund seiner Vollkommenheit ebenso vollkommen ist. Diese steht am Anfang. Was wir tun können, ist, Gott zurückzulieben. Mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele, mit ganzem Verstand. Das ist der wahre Gottesdienst.

Literatur

  • Maier, Bernhard: Weltgeschichte der Religionen. Von der Steinzeit bis heute. München 2018.
  • Rüpke, Jörg: Die Religion der Römer. Eine Einführung. München 2019.
  • Von Soden, Wolfram: Einführung in die Altorientalistik. Darmstadt 1985 (Mit einem Abschnitt über Religion und Magie, S. 165-193).

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