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Die Zehn Gebote

Die Zehn Gebote im Alten Testament regelten die Haltung der Israeliten zu Gott und zueinander. Ein anderer Ausdruck für die Zehn Gebote ist „Dekalog„. Dieser Begriff kommt aus der griechischen Sprache und bedeutet „Zehn Worte“ (deka „zehn“ und logos „Wort“). Der Ausdruck „zehn Worte“ wird in der Thora an verschiedenen Stellen verwendet (Ex 34,28; Dtn 4,13; 10,4).

Die älteste Tafel der Zehn Gebote (300-800 n.Chr.). Quelle: Sotheby’s/Youtube, Screenshot PRO.

Der Dekalog (Exodus 20,1-17)

Prolog:

Ich bin der Herr, dein Gott, der ich dich aus Ägyptenland, aus der Knechtschaft, geführt habe.

Erstes Gebot:

Du sollst keine anderen Götter haben neben mir.

Zweites Gebot:

Du sollst dir kein Bildnis noch irgendein Gleichnis machen …

Drittes Gebot

Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht missbrauchen …

Viertes Gebot

Gedenke des Sabbattages, dass du ihn heiligst …

Fünftes Gebot

 Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren …

Sechstes Gebot

Du sollst nicht töten.

Siebtes Gebot

Du sollst nicht ehebrechen.

Achtes Gebot

Du sollst nicht stehlen.

Neuntes Gebot

Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten.

Zehntes Gebot

Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus …

Biblisch-historische Einordnung

Die Thora beschreibt, dass die Zehn Gebote den Israeliten am Berg Sinai verkündet wurden, kurz nachdem sie von Mose aus Ägypten herausgeführt wurden. Der „Finger Gottes“ schrieb die zehn Gebote auf zwei Tafeln (Ex 31,18), Mose zerschmetterte die Tafeln anschließend aus Wut über den Götzendienst der Israeliten (Ex 32,19), die Tafeln wurden erneut beschrieben (Ex 34,1.28) und danach in der Bundeslade verwahrt (Ex 40,20). Dort blieben sie bis zum Exil (Ps 78,61). Die Tafeln sind seitdem verschollen.

Zweimal vorhanden: Der Dekalog befindet sich an zwei Stellen der Thora, nämlich in Exodus 20,1-17 und in Deuteronomium 5,6-21. Die Unterschiede zwischen den beiden Dekalog-Texten sind nur marginal: Während in Exodus der Sabbat soteriologisch – also von der Erlösung aus Ägypten her – begründet wird, geschieht das in Deuteronomium schöpfungstheologisch – also von der Schöpfung her. Außerdem wird das letzte Gebot, in dem das Begehren verboten wird, unterschiedlich eingeleitet.

Doppelter Fokus: Gott und Mensch. Die 10 Gebote können in zwei Gruppen unterteilt werden: Die Gebote 1-4 haben die Gottesbeziehung zum Thema. Die Gebote 5-10 regeln das zwischenmenschliche Miteinander. Man kann darüber mutmaßen, ob sich jede dieser Themengruppen auf einer der beiden separaten Steintafel befand. Dieser zweifache Fokus wird von Jesus im Neuen Testament wieder aufgegriffen, wenn er in Matthäus 22,37-39 das ganze Gesetz auf die Liebe zu Gott und die Liebe zum Nächsten zuspitzt. Ähnliches tut Paulus in Röm 13,9, wo er die zweite Hälfte des Dekalogs zitiert und die Schlussfolgerung zieht: „das wird in diesem Wort zusammengefasst: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“

Der Dekalog im Alten Testament: Aber auch im Alten Testament selbst werden die Zehn Gebote an diversen Stellen aufgegriffen. In Leviticus 19 werden einzelne Elemente des Dekalogs genauer erklärt und praktisch angewendet. In Ps 50,16-20 wird der Gottlose durch seine Verstöße gegen den Dekalog klassifiziert und auch in verschiedenen Prophetenschriften (z.B. Jer 7,9) sieht man das gleiche Muster.

Handschriften: Als älteste schriftliche Textbelege für die Zehn Gebote sind vor allem zwei zu nennen: zum einen die Schriftrolle 4Q41 aus Qumran. Diese Handschrift wird auf das späte 1. Jh. v.Chr. datiert und sie enthält den Textabschnitt aus Dtn 5,1 – 6,1; 8,5-10. Zum anderen der Papyrus Nash aus Ägypten. Dieser Papyrus aus dem 2. Jh. v.Chr. enthält eine Mischform von Ex 20,2ff und Dtn 5,6ff. Für die Rekonstruktion des Urtextes sind beide allerdings beide Handschriften eher unbedeutend.

Der Papyrus Nash.

Die Zählung der Zehn Gebote

Zwar sagt die Thora, dass es insgesamt 10 Gebote sind (Ex 34,28; Dtn 4,13; 10,4), es wird aber nicht geklärt, wie die 10 Gebote genau unterteilt werden müssen. Es haben sich daher 3 verschiedene Traditionen zur Zählung der 10 Gebote herausgebildet. Die Unterschiede liegen vor allem in der Unterteilung der ersten beiden und der letzten beiden Gebote.

   orthodox, reformiert, anglikanischkatholisch, lutherisch  jüdisch  
  Ich bin der Herr dein Gott    Prolog    Prolog    1
  Du sollst keine anderen Götter neben mir haben    1    1a    2a  
  Du sollst dir kein Bild machen    2  1b  2b  
  Du sollst den Namen des HERRN nicht missbrauchen    3    2    3  
  Gedenke des Sabbattages    4    3    4  
  Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren    5    4    5  
  Du sollst nicht töten  6    5  6  
  Du sollst nicht ehebrechen.    7    6    7  
  Du sollst nicht stehlen.    8  7  8
  Du sollst kein falsches Zeugnis ablegen.    9    8    9  
  Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus.    10a  9  10a
  Du sollst nicht begehren deines Nächsten Frau.   10b    10    10b  

Die Bedeutung für Christen

Für Christen gehören die Zehn Gebote nach wie vor zu den wichtigsten Texten der Bibel. Das hat verschiedene Gründe. Zum einen werden alle Gebote (außer das Sabbatgebot) im Neuen Testament erneut aufgegriffen und als weiterhin gültig verstanden. Jesus selbst hat die Zehn Gebote im Doppelgebot der Liebe zusammengefasst. Zum anderen zeigen die Zehn Gebote, dass der Mensch nicht in der Lage ist, sie vollumfänglich zu erfüllen. Diese Erkenntnis der eigenen Unzulänglichkeit führt ihn zum Evangelium von Jesus Christus. Denn er hat alle Gesetze perfekt erfüllt und im Glauben an ihn erhalten auch wir seine Gerechtigkeit. Luther hat diesen Gegensatz von Gesetz und Evangelium, der letztlich zu unserer Rechtfertigung führt, am prominentesten vertreten.

Aber auch für die christliche Identität und Glaubenspraxis sind die Zehn Gebote wichtig. Sie sind zentraler Bestandteil christlicher Katechese und werden häufig im Religionsunterricht und in der Konfirmations– bzw. Firmvorbereitung vermittelt.

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